Neues Haus für Sterbebegleitung: Streit um Hospiz-Standort

Trotz Kritik durch Anwohner und Gemeinde will die Landeskirche für den Bau eines Hospizes ein Grundstück im Horner Luisenthal verkaufen.

Am Reißbrett schon fertig: Hospiz in Luisenthal Bild: Johanniter

Bremen soll ein zweites Hospiz bekommen. Das ist auch notwendig angesichts der Tatsache, dass in jedem Jahr rund 100 Menschen sterben, während sie auf der Warteliste für die Aufnahme ins Waller Hospiz „Brücke“ stehen.

Anwohner, Ortsbeirat und die Kirchengemeinde von Horn-Lehe begrüßen den Plan für ein Hospiz in ihrer Nachbarschaft ebenfalls. „Aber wir möchten nicht, dass es auf dem dafür vorgesehenen Grundstück gebaut wird“, sagt Roland Ketteler vom Elternbeirat des evangelischen Kindergartens Luisenthal.

Der Ort des Anstoßes befindet sich auf dem Grundstück des Kindergartens und gehört der Bremer Evangelischen Kirche (BEK). Verkauft werden soll es an die Johanniter, die in unmittelbarer Nachbarschaft ein Altenheim betreiben. Das Geld für das Hospiz stammt von der 2011 in Bremen verstorbenen Margareta Herta Simon-Lilge: Unter der Voraussetzung, innerhalb von drei Jahren ein Hospiz zu bauen, hat sie die Johanniter als Erben eingesetzt. „Das war ein Geschenk des Himmels“, sagt Frank Schubert, Leiter des Johanniter-Regionalzentrums Nord.

Das Areal am Luisenthal gilt dort als „grüne Oase“. Die Horner Pastorin Heike Wegener findet: „Es muss aus ökologischen Gründen erhalten bleiben.“ Diese Haltung vertritt sie auch gegenüber ihrer Landeskirche, die der Gemeinde ein Mitspracherecht bei der Entscheidung über den Grundstücksverkauf eingeräumt hat: „Leider hat sich die BEK aber den Argumenten der Johanniter angeschlossen.“ Dabei besitze die Gemeinde in der Berckstraße ein Grundstück, „das wir gerne als Standort für ein Hospiz verkaufen würden“. Dort dürfe ohne Weiteres gebaut werden, da die Berckstraße in einem Mischgebiet liege. „Das Luisenthal gehört hingegen zu einem Wohngebiet. Deshalb müssten an diesem Standort erst die Bebauungspläne geändert werden.“

Walter Weber, der als Pastor mit Erfahrung in der Sterbebegleitung für die Johanniter die „Fachgruppe Hospiz“ leiten wird, bestätigt das: „Aber Luisenthal ist nun mal wunderbar geeignet.“ Vor allem die Nähe zum Seniorenheim sei ideal: „Hier bietet sich die Möglichkeit der wechselseitigen Hilfestellung.“ Michael Koppel, grüner Fraktionsvorsitzender des Ortsbeirats, kann das nicht nachvollziehen: „Ein Synergieeffekt wäre wegen vorgeschriebener Richtlinien minimal.“ Damit meint er eine Rahmenvereinbarung zwischen den Krankenkassen und etwa dem Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband sowie dem Diakonischen Werk zur stationären Hospizversorgung. Dort heißt es im Paragraph 1: „Stationäre Hospize sind aufgrund ihres Versorgungsauftrages baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständige Einrichtungen mit separatem Personal und Konzept. Es ist deswegen ausgeschlossen, dass ein stationäres Hospiz Bestandteil einer stationären Pflegeeinrichtung ist.“

„Die Vereinbarung halten wir ein“, sagt Frank Schubert. „Trotzdem könnte das Hospiz vom Hausmeister, der Essensversorgung oder der Verwaltung profitieren“. Die Berckstraße sei dafür zu weit entfernt. Neben Mitteln durch die Kranken- und Pflegekassen müsse ein Hospiz darüber hinaus zu mindestens zehn Prozent selbst finanziert werden: „Da zählt jede noch so kleine Ersparnis.“ Die Höhe der Einsparungen könne er jedoch nicht benennen, dafür sei es noch zu früh.

Die Einwände der Anwohner versucht er auszuräumen: „Das Gebäude wird am Rand gebaut. Die Sumpfeiche und die Warft mit den Lindenbäumen bleiben genauso erhalten wie alle anderen großen Bäume.“ Darüber hinaus wünscht er sich, dass das Haus durch seine eingebundene Lage fester Bestandteil der Gemeinde wird: „Die Berckstraße wäre doch sehr isoliert.“

Eine erste Voraussetzung dafür, Bestandteil zu werden, wäre freilich die Akzeptanz des Standortes, und die ist nicht in Sicht. Das Alternativ-Grundstück liegt nur 700 Meter vom Johanniterhaus entfernt – für die Gegner der Baupläne kein Argument, das gegen Synergien oder Integration in die Gemeinde spricht.

„Ich glaube, dass die Akzeptanz noch kommt“, sagt Landespfarrer Michael Schmidt. Für manche Menschen sei es noch schwierig, die Chancen zu erkennen, die Luisenthal biete.

Die Pläne für das Hospiz begrüßen jedenfalls alle. Deshalb wägt Michael Koppel auch ab: „Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass die Johanniter gar kein Hospiz bauen!“ Der Ortsrat wird sich am 14. Juni mit dem Thema beschäftigen.

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