Neues Verpackungsgesetz: Mehr Fokus auf Recycling

Weniger Plastikmüll, mehr Wiederaufbereitung: Das ist das Ziel des neuen Verpackungsgesetzes, das 2019 in Kraft tritt. Aber es gibt Kritik.

Ein Band auf dem zu recycelnde Abfälle liegen

Verpackungen, die Recycling-Material enthalten oder die gut zu recyceln sind, sollen weniger kosten Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) macht jetzt auch mit beim sogenannten „Plastik-Attack“. Doch während Aktivisten bei ihren Aktionen Tüten, Schalen und Folien aus Kunststoff vor Supermärkten aufhäufen, um gegen den Berg von Plastikmüll zu protestieren, eröffnet die SPD-Politikerin eine „Zentrale Stelle Verpackungsregister“. Seit Donnerstag ist sie online. Dort müssen Onlinehändler, Lebensmittel- oder Waschmittelkonzerne die Mengen an Verpackungen anmelden, in denen sie ihre Produkte verkaufen wollen.

Eigentlich mussten sie das bisher aber auch schon: Jeder Hersteller oder Händler, der Verpackungen aus Kunststoff, Pappe oder Aluminium in den Verkehr brachte, musste diese bei Dienstleistungsfirmen (den Dualen Systemen) anmelden und für deren Entsorgung zahlen. Doch das funktionierte nicht richtig. Rund ein Drittel der Leichtverpackungen aus Plastik oder Alu sowie die Hälfte der Papierverpackungen wurden nicht angemeldet, sagt Gunda Rachut, Vorstand der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister. Es waren also erstens deutlich mehr Verpackungen im Umlauf, als offiziell bekannt. Zweitens haben sich nicht alle Hersteller finanziell an der Entsorgung beteiligt.

Die ehrlichen Firmen klagten jahrelang über diesen Missstand, den das Umweltministerium jetzt mit dem neuen Verpackungsgesetz beseitigen will, das unter anderem die Schaffung der neuen Zentrale Stelle vorsieht. Anfang nächsten Jahres tritt es in Kraft. Mit dem neuen Gesetz will Schulze „deutlich mehr Recycling“ erreichen. So steigen die vorgeschriebenen Recyclingquoten in den nächsten vier Jahren schrittweise von derzeit 36 auf 63 Prozent.

Ziel: Gesetz mit Lenkungswirkung

Außerdem hat die Zentrale Stelle Standards für eine gute Recyclingfähigkeit erarbeitet. Verpackungen, die Recycling-Material enthalten oder die gut zu recyceln sind, sollen weniger kosten. Zum Beispiel wird ein Joghurtbecher aus Kunststoff mit einer Hülle aus Pappe in einer Recyclinganlage von den Messgeräten als Papier identifiziert und aussortiert. Die Recylingquote solcher Becher ist gleich null. Das Verpackungsgesetz soll hier eine Lenkungswirkung in Richtung Ökodesign entfalten: Weil die Entsorgungskosten für die Kunststoff-Papp-Kombi höher sind als für einen gut recycelbaren Becher, wird sie nicht mehr hergestellt, hofft Rachut. „Die Marketing-Leute sollen künftig auch über Umweltschutz nachdenken, wenn sie Verpackungen gestalten“.

So weit die Theorie. „Die Standards der Zentralen Stelle zum Recycling sind gut“, sagt Norbert Völl vom Systembetreiber Grüner Punkt, man werde sich daran orientieren. Doch wie bisher stehen die Dualen Systeme miteinander im Wettbewerb. Heißt: Praktisch können es sich die Dienstleister kaum leisten, schlecht recycelbare Produkte zu verteuern, ohne Kunden zu verlieren. Ob die Lenkungswirkung durch höhere Lizensierungskosten eintritt, ist also noch nicht sicher. Für reines „Wunschdenken“ hält sie Thomas Obermeier von der Deutschen Gesellschaft für Abfallwirtschaft. Man müsse sich erst einmal anschauen, wie sich die Lizenzgebühren entwickelten.

Thomas Fischer, Deutsche Umwelthilfe

Das neue Gesetz sorgt nicht für weniger Plastikmüll

Schon jetzt seien die Gebühren viel zu niedrig, um die Hersteller dazu zu bewegen, auf Verpackungen zu verzichten, sagt Thomas Fischer, Kreislaufwirtschaftsexperte der Deutschen Umwelthilfe. „Sicher wird künftig mehr von dem recycelt, was im gelben Sack landet“, so Fischer, „aber das Verpackungsgesetz sorgt nicht für weniger Plastikmüll.“ Es konzentriere sich zu sehr darauf, Müll zu recyceln, anstatt ihn zu vermeiden.

Um auch dieses Ziel zu erreichen, setzt Schulze auf eine bessere Kennzeichnung. Ab Januar muss der Handel in den Verkaufsflächen ausweisen, ob Flaschen einmal oder mehrmals verwendet werden. Fischer reicht das nicht. Er fordert von der Ministerin einen Maßnahmenkatalog, wie sie die ab Januar geltende Mehrwegquote für Getränkeverpackungen von 70 Prozent erreichen wolle. Derzeit liegt sie bei 43 Prozent.

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