Niederlage im Repräsentantenhaus: Noch kein Fast Track für Obama

Vom Kongress wurde die gesetzlich gesicherte Überholspur bei Freihandelsabkommen vorerst gestoppt. Es waren die Demokraten, die gegen Obama stimmten.

Barack Obama mit Sonnenbrille bei einem Baseballspiel

Ahnt er die Niederlage schon? Obama beim Kongress-Baseballspiel, im Hintergrund: Nancy Pelosi

NEW YORK taz | Für den US-Präsidenten ist es eine schwere Niederlage bei seinem wichtigesten verbleibenden Projekt: Das Repräsentantenhaus hat am Freitag gegen einzelne Teile eines Gesetzespaketes gestimmt, das die Umsetzung von Freihandelsabkommen beschleunigen sollte. Anders als bei früheren Gelegenheiten kam die Blockade dieses Mal von den ParteifreundInnen des Präsidenten. Selbst die Chefin der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bislang Obamas treue Weggefährtin, stimmte dagegen.

Während Gewerkschaften und UmweltschützerInnen den Erfolg ihrer monatelangen Mobilisierungen feierten, kündigten das Weiße Haus und die Republikaner direkt nach ihrer Niederlage an, dass sie eine neue Abstimmung zum selben Thema abhalten wollen. Die soll bereits am Dienstag stattfinden.

In Freihandelsfragen sind die Republikaner Obamas beste Verbündete. Demokraten hingegen spüren in ihren Wahlkreisen, wie unpopulär Freihandelsabkommen geworden sind. Die Basis zieht Lehren aus den negativen Erfahrungen mit Nafta (die Freihandelszone mit Mexiko und Kanada) sowie dem Abkommen mit Südkorea. Beide haben in den USA Millionen Arbeitsplätze vernichtet, für die Verlagerung zahlreicher Fabriken gesorgt und die Löhne im unteren Bereich weiter nach unten gedrückt.

Nach Untersuchungen des „Economic Policy Institute“ (EPI) in Washington sind die Löhne in den unteren Einkommensbereichen zwischen 1994 und 2011 um durchschnittlich 1.800 Dollar pro Jahr gesunken. Auch die Gewerkschaften machen Druck auf demokratische Abgeordnete. Sie drohen, beim Wahlkampf im nächsten Jahr ihre finanzielle und personelle Unterstützung zu entziehen.

Überraschungsbesuch im Baseball-Stadion

Barack Obama hingegen wirbt für den Freihandel. Er bezeichnet ihn als „gut für die Middle Class“ und „gut für amerikanische Unternehmen“. Vor der Abstimmung vom Freitag im Repräsentantenhaus hatte er sich persönlich ungewöhnlich stark für ein „Ja“ engagiert. Er war am Vorabend unangekündigt zu einem Abgeordneten-Baseball-Spiel gekommen, um dort demokratische Abgeordnete umzustimmen. Und er war wenige Stunden vor der Abstimmung persönlich im Kongress aufgekreuzt. So sichtbar hat er sich weder bei der Klimapolitik noch bei der Einwanderungsreform ins Zeug gelegt.

Das Abstimmungsergebnis ist auch eine Schlappe für die Wirtschaftsberater und Finanzminister, mit denen sich der Präsident umgibt und von denen er viele direkt von Wall-Street-Unternehmen abgeworben hat. In internationalen Handelsfragen haben sie die Position der transnationalen Unternehmen in die US-Regierung mitgebracht.

Bei der Abstimmung am Freitag wurde der „Fast Track“, so der Name der „Überholspur“ zum Handelsabkommen, mit 219 zu 211 Stimmen knapp angenommen. Doch die zweite Hälfte des bereits vorab vom Senat geschnürten Gesetzespakets lehten die Abgeordneten mit 302 zu 126 Stimmen ab. Dieser Teil des Pakets sieht Kompensationen für Beschäftigte vor, die durch Freihandel ihre Arbeit verlieren. Das Gesetz kann nur in Kraft treten, wenn das ganze Paket angenommen wird.

Jubel bei den Fast-Track-Gegnern

Gewerkschafter sprachen am Freitag von einem Erfolg. Larry Hanley, Präsident der Transportarbeiter-Gewerkschaft ATU beglückwünschte die Abgeordneten: sie hätten „als Repräsentanten des amerikanischen Volkes und nicht der großen Konzerne und der wohlhabenden Eliten gestimmt“. Zugleich warnte er, „Fast Track und die Freihandelsabkommen sind noch nicht tot.“ Auch die Chefin der Klimaorganisation 350.org, May Boeve sprach von einem „großen Erfolg“. Zugleich rief sie ihre AnhängerInnen dazu auf, mobilisiert zu bleiben, um auch bei künftigen Abstimmungen die Oberhand zu behalten.

Die Gruppe „Public Citizen‘s Global Trade Watch“ glaubt, dass die Zeit gegen Obama und die RepublikanerInnen arbeitet. „Es wird nicht einfacher, Handelsabkommen gegen den Willen der Mehrheit der Amerikaner zu machen“, sagte Lori Wallach am Freitag, „Je mehr Zeit die Leute haben, um zu verstehen, worum es geht, desto wütender werden sie und desto mehr verlangen sie von ihren Abgeordneten, dass sie ihren Willen vertreten.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.