Niedersachsens Grüne gegen Airbnb: Grüne wollen mehr Staat

Wohnraumnot und Wollepark: Niedersächsische Grüne fordern Gesetz zum Schutz von Wohnraum. Das soll Leerstand und Airbnb eindämmen.

Ein heruntergekommenes, dreckiges Hochhaus

Der Wollepark in Delmenhorst: Hier wurde den Mietern 2017 Gas und Wasser abgestellt, obwohl sie gezahlt hatten. Gegen Missbrauch von Vermietern und Airbnb wollen die Grünen vorgehen. Foto: dpa

HANNOVER taz | „In Niedersachsens Tourismusgebieten gibt es mittlerweile kaum noch Wohnraum für die einheimische Bevölkerung“, kritisiert Christian Meyer von den niedersächsischen Grünen. Immer mehr Wohnungen würden zu hübschen Ferienappartements zweckentfremdet, denn damit verdienen die Vermieter mehr Geld. Um diese Nutzung in Zukunft einzuschränken, hat der Oppositionspolitiker gestern einen Entwurf für ein Wohnraumschutzgesetz präsentiert. Der Eigentümerverband Haus und Grund reagiert auf den Vorschlag der Grünen empört.

Der Entwurf hat zwei Kernpunkte. Für eine zweckentfremdete Nutzung von Wohnraum sollen Vermieter künftig eine Genehmigung von der Kommune einholen müssen, wenn akute Wohnungsnot herrscht. Nicht nur auf den Inseln, auch in den großen Städten sei der Wohnungsmarkt angespannt. Es gebe zudem mehr spekulativen Leerstand, um unerwünschte Mieter abzulehnen. In diesen Fällen solle die Kommune dem Vermieter Mieter vorschlagen und Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängen können, wenn der sie nicht nimmt. „Der Staat als Hausbesetzer“, sagt Meyer.

Zudem sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, gegen menschenunwürdige Wohnverhältnisse vorzugehen. „Ein Symbolpunkt war sicher der Wollepark in Delmenhorst“, sagt der Grüne. Im vergangenen Jahr hatten zwei Wohnblocks über Wochen kein Gas und Wasser. Per Gesetz sollten nach dem Willen der Grünen Mindestanforderungen in Wohnungen festgelegt werden, die die Kommunen bei den Vermietern einfordern und die Wohnräume im schlechtesten Fall für unbewohnbar erklären können.

Standard müssten demnach Heizungen, eine funktionierende Wasserversorgung, Toiletten oder eine Wohnfläche von mindestens zehn Quadratmetern pro Person sein. Davon könnten auch viele Werkvertragsarbeiter etwa in der Fleischindustrie profitieren, meint Meyer. „Der Staat ist verpflichtet, gegen menschenunwürdige Wohnverhältnisse vorzugehen.“

Noch kein Regierungskonzept

Die große Koalition hat bereits im Koalitionsvertrag ein eigenes Gesetz angekündigt, „das einerseits die Rechte von Mietern auf angemessene Wohnzustände definiert und andererseits den Kommunen die Möglichkeit einräumt, über eine Satzung die Zweckentfremdung von Wohnraum zu unterbinden“. Noch hat Umweltminister Olaf Lies (SPD) kein Konzept vorgestellt. Man wolle Kommunen aber die Möglichkeit geben, auf Vermieter einzuwirken, um Wohnraum in bewohnbarem Zustand zu halten, sagt Ministeriumssprecherin Justina Lethen.

„Haus und Grund“-Chef Hans Reinold Horst ärgert sich vor allem über das Vorhaben, Ferienwohnungen stärker zu reglementieren und spricht von einer „Ächtung“ der Eigentümer. „Wer als Vermieter Ferienwohnungen anbietet, wird in ein spekulatives Licht gerückt.“ Die ostfriesischen Inseln seien eben Urlaubsgebiete. Die Vermieter hätten sich schließlich nicht zusammengeschlossen, um gegen einheimische Mieter zu Felde zu ziehen und auch die hohen Preise richteten sich nur nach Angebot und Nachfrage. „Das kann man nicht bejammern.“

Dirk Adomat von der SPD-Fraktion will zunächst den Vorschlag des Ministeriums abwarten. Das Konzept der Grünen sei nicht nur bei Hamburg abgeschrieben, sondern auch sehr personalintensiv, weil die Kommunen Mitarbeiter zu den Immobilien rausschicken müssten, die den Zustand bewerteten. „Wir müssen schauen, dass wir das mit den Ressourcen gestaltet kriegen.“

Der Vorschlag der Grünen wird im August im Bauausschuss diskutiert.

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