Nigerias Präsident Buhari: Lebt er noch?

Wie steht’s eigentlich um den nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari? Er ist wieder mal nicht da. Ab und zu taucht ein Foto von ihm auf.

Das letzte Foto von Präsident Buhari (l.): Abschied vor dem Abflug nach London, 8. Mai Foto: reuters

ABUJA taz | Manchmal taucht sein Bild doch auf. Darauf trägt Muhammadu Buhari, Nigerias fünfzehnter Staatschef, meist einen braun-goldenen Kaftan, der mehr an einen Schlafanzug als an die repräsentative Kleidung eines Präsidenten erinnert.

Der ohnehin schon hagere Mann, dem man seine asketische Lebensweise durchaus abnimmt, wirkt darauf noch dünner und ausgemergelter. Um ihn herum stehen ein paar Politiker, die aus der Hauptstadt Abuja nach London gekommen sind, um ihn zu konsultieren – und um zu zeigen: Buhari steht noch aufrecht, er lächelt noch dünn in die Kamera, er lebt noch.

Gerüchte und Verschwörungstheorien gibt es zahlreiche in Nigeria, doch die von seinem Tod machen regelmäßig die Runde. Vor ein paar Tagen war es wieder so weit. Im Internet tauchte die Nachricht auf, dass er in London gestorben sei und die nigerianische Botschaft vor Ort das sogar bestätigt hätte. Ein kurzer Schock und dann umgehend doppelte Arbeit für das Medienteam des Präsidenten: Sein Pressesprecher Garba Shehu beeilte sich zu twittern, dass es unbegründete Gerüchte gebe, die sich um „pure Lügen“ handelten. Jemand wolle Panik erzeugen.

Wie aber geht es ihm wirklich? Schon vergangenes Jahr war Buhari mehrfach „in den Urlaub“ nach London gefahren, plötzlich und ohne Vorankündigung, so nahm es zumindest die Öffentlichkeit wahr. Aus einer „Routineuntersuchung“ im Januar wurden knapp zwei Monate. Seit Anfang Mai ist er nun schon wieder weg. Buhari soll an Prostatakrebs leiden und muss deshalb regelmäßig und auch längerfristig behandelt werden.

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Merkwürdigerweise fordert niemand in Verbindung mit Buharis Krankheit bessere Behandlungsmöglichkeiten bei Krebs in Nigeria selbst. Ein Bericht der Tageszeitung Vanguard zum Weltkrebstag am 4. Februar ergab, dass Afrikas einwohnerreichster Staat kein einziges funktionierendes Krebszentrum hat. Nur eine hauchdünne Minderheit hat das Geld, sich in England, den USA oder den Vereinigten Arabischen Emiraten behandeln zu lassen.

Doch Buharis Krankheit ist kein Anlass, für mehr medizinische Möglichkeiten zu kämpfen. Stattdessen muss man nun eins kleinlaut zugeben: 2015 haben die Nigerianer einen ziemlich alten Mann gewählt. Sein offizielles Alter liegt heute bei 74. Möglicherweise ist er schon um die 80. Darüber schimpften bereits früher seine Kontrahenten.

Seine Unterstützer betonen, dahinter stecke keineswegs Manipulation aus bösem Willen. Denn bis heute wird – vor allem in ländlichen Regionen – nur bei einem Bruchteil der Kinder das Geburtsdatum registriert. In der Kolonialzeit in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren dürfte eine amtliche Geburtsurkunde die totale Ausnahme gewesen sein.

Was die Sorge um einen möglichen Tod so groß macht, hat auch mit der nigerianischen Geschichte zu tun. Mit den Generälen Johnson Aguiyi-Ironsi und Murtala Mohammed wurden 1966 und 1976 gleich zwei Machthaber ermordet. Im Jahr 1998 starb General Sani Abacha ebenfalls im Amt. Sein Tod galt als große Überraschung. Bis heute halten sich deshalb Gerüchte, dass er womöglich vergiftet wurde. Eine Autopsie hat nie stattgefunden.

Das Parlament hat auch ohne seine Anwesenheit das Budget durchgewinkt.

Noch präsenter ist indes der Fall von Umaru Yar’Adua. Fünfeinhalb Monate vor seinem Tod wurde der damalige Präsident zur Behandlung nach Saudi-Arabien gebracht. Später wurde er zwar wieder nach Abuja geflogen, starb dort jedoch im Mai 2010.

Macht sich die Abwesenheit von Präsident Buhari jetzt aber tatsächlich bemerkbar? Das Parlament hat auch ohne seine Anwesenheit das Budget durchgewinkt. Das nationale Statistikbüro hat gerade verkündet, dass die Inflationsrate zum dritten Mal in Folge gesunken ist. Aufgrund der Rezession liegt sie zwar weiterhin bei 17,24 Prozent, aber trotzdem besser als noch vor ein paar Monaten. Auch der Naira wird im Vergleich zu Euro und US-Dollar wieder stärker.

Das sind kleine Hoffnungsschimmer, die vergessen lassen, dass Buhari mal wieder nicht im Land ist – und auch niemand weiß, wann er wiederkommt.

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Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

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