Nutzerzahlen Google+: Viel Leere, ein paar Oasen

90 Millionen registrierte Nutzer? Die von Google präsentierten Zahlen muten gigantesk an. Zu Recht fragt man sich, wen oder was Google-Gründer Larry Page da gezählt hat.

Wieviele waren es noch mal? Das mit dem Zählen wird ab einer gewissen Menschenmenge kompliziert. Bild: ap

BERLIN taz | Das waren unglaubliche Zahlen, die Larry Page Ende Januar zum Quartalsabschluss 2011 mitbrachte: 90 Millionen registrierte Nutzer solle Google+ inzwischen erreichen können, das ist eine Verdoppelung der Zahlen im Vergleich zum letzten Quartal. Von diesen 90 Millionen sollen 60 Prozent Google-Produkte täglich in Anspruch nehmen, wöchentlich seien es satte 80 Prozent.

Google-Produkte. Nicht Google+. Obwohl das viele missverstanden haben.

Ein kalkuliertes Missverständnis, klar, denn die Zahlen von G+ dürften bei weitem nicht so beeindruckend sein. RJMetrics hat diesen Verdacht kürzlich in einer Studie mit Zahlen unterfüttert: dafür wurden 40.000 zufällig ausgesuchte G+-Accounts untersucht. Das Ergebnis: man kann sich den Dienst als Wüste vorstellen. Viel Leere, ein paar Oasen.

Etwas ausführlicher: Ein durchschnittliches Update (Für Facebook-Nutzer: Statusmeldung, Anm. d. Red.) hat weniger als ein +1 (für Facebook-Nutzer: gefällt mir, Anm. d. Red.) , weniger als eine Antwort, und wurde weniger als einmal geteilt. 30 Prozent der Nutzer, die einmal geupdated haben, posten nie wieder etwas. Das durchschnittliche öffentliche Profil wird alle zwölf Tage mit Inhalt bedient. Nachdem das Profil zum ersten Mal geupdated wurde, steigt die Dauer, in der eine neue Meldung eingestellt wird, stetig.

Ein kalkuliertes Missverständnis

Dead man walking? Wenn man G+ in Konkurrenz zu anderen sozialen Netzwerken, zu Facebook und Twitter, sieht: ja. Aber ist dem so? Vielleicht war es gar kein kalkuliertes Missverständnis, als Page seine Zahlen verkündete; vielleicht erschließt sich Page schlicht nicht, warum man G+ isoliert betrachten sollte, wenn es als Teil einer einzigen großen Strategie sinnvoll ist.

Der Journalist Josh Constine von TechCrush glaubt, dass es Google kein bisschen juckt, wenn die Nutzer nicht zu G+ zurückkommen: waren sie einmal da, hat man alles, was man von ihnen braucht. Facebook, so Constine, hat Google gezeigt, dass die Nutzer durchaus bereit sind, sozialen Netzwerken ihre biografischen Daten anzuvertrauen; und mit denen kann man dann arbeiten. Und besser zielgerichtete Werbung entwickeln. Zum Beispiel.

Oder um bessere Suchergebnisse zu erzielen. Besser heißt: sozialer. Und sozialer heißt: mehr von den Kontakten beeinflusst. Was meinen Kontakten interessant erschien, bekommt einen höheren Stellenwert. Es wurde schon über eine Suche der Zukunft spekuliert und darüber, dass die aktuelle Suchergebnislistung nicht mehr angemessen ist.

Social Search als Zukunft?

Aber ist Social Search die Zukunft? Der Autor Eli Pariser hat sich bereits 2010 über das Problem der Filter Bubbles ausgelassen, also den personalisierten Zuschnitt von Informationen. Das zweite Problem, das damit einhergeht, ist: Google wird geschichtsblind. Google setzt Aktualität als entscheidendes Relevanzkriterium: Je „sozialer“ die Suche wird, desto aktueller wird sie auch; weil es immer die aktuellen Großereignisse sind, über die sich unterhalten wird.

Google selbst scheint sich nicht so sicher zu sein, ob going social für sie eine Verbesserung bedeutet. Das nächste Update, der Google Knowledge Graph, soll dem Suchenden helfen, zu finden was er braucht und hat nichts mehr mit Facebook und Social Networking zu tun; auf der rechten Seite will Google eine Box einführen, die – basierend auf dem Suchverhalten anderer Nutzer – mit 39-prozentiger Wahrscheinlichkeit errechnet, wonach man als nächstes Ausschau halten wird. Es ist ein amazoniges „Menschen, die diesen Artikel suchten, suchten auch“. Google kommt da zu seiner Kernkompetenz zurück: Suchen im Netz effizient und schnell zu organisieren.

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