Öffentliche Jobs in Berlin: Ein schwieriger Balanceakt

Das „solidarische Grundeinkommen“ wird kleiner als gedacht. Stattdessen bekommen Leute einen Job, die lange arbeitslos waren – zu Recht. Wochenkommentar II.

Michael Müller erregte viel Aufsehen mit seinem Vorschlag – und hat nun wenig vorzuweisen Foto: dpa

Das von Michael Müller (SPD) groß in die Debatte gebrachte „solidarische Grundeinkommen“ wird also doch nur eine eher überschaubare Beschäftigungsmaßnahme: Wie in dieser Woche bekannt wurde, kann Berlin mit nur wenig finan­zieller Unterstützung des Bundes rechnen, den größeren Teil der Kosten für das Lieblingsprojekt des Regierenden Bürgermeisters muss das Land allein stemmen. 1.000 öffentlich geförderte Jobs für Arbeitslose plant Berlin, mehr ist erst mal nicht drin.

Das ist ärgerlich für den Regierenden Bürgermeister, der seinen Vorschlag verstanden wissen wollte als zentralen Baustein, um Hartz IV zu überwinden. Mit dem irreführenden Namen – um ein bedingungsloses Grundeinkommen ging es nie, das war von Beginn an Etikettenschwindel – erregte er kurzfristig viel Aufmerksamkeit. Gemessen daran, hat er am Ende in der Sache nicht viel vorzuweisen.

Müller wollte vor allem jenen öffentlich geförderte Jobs anbieten, die sonst vom Arbeitslosengeld I in Hartz IV fallen würden, also bereits nach ein bis zwei Jahren Arbeitslosigkeit. Ab Januar kommt jetzt erst mal das finanziell mit 4 Milliarden Euro sehr gut aufgestellte bundesweite Programm von Arbeitsminister Hubertus Heil, ebenfalls SPD. Der will Menschen in Arbeit bringen, die länger als sechs Jahre erwerbslos waren – und verweigerte Müllers Vorschlag die Unterstützung.

Tatsächlich kann man darüber streiten, ob jemand, der ein Jahr arbeitslos war, gleich eine öffentlich geförderte Stelle bekommen sollte. Diese Menschen haben deutlich bessere Chancen, aus eigenen Kräften wieder einen Job auf dem normalen Arbeitsmarkt zu finden als jene, die schon lange erwerbslos sind. Wenn vor allem die, die viele Runden im System gedreht haben und als nicht mehr vermittelbar gelten, eine neue Perspektive bekommen, ist das sicherlich richtig.

Zunächst bleibt aber abzuwarten, wie viele dieser Jobs sich überhaupt finden. Es sollen ja eben nicht überflüssige, sondern sinnvolle Tätigkeiten sein, die die Arbeitslosen verrichten. Die öffentliche Beschäftigung darf gleichzeitig keine echten Stellen verdrängen. Ein Ba­lance­akt, der auch bei früheren Beschäftigungsprogrammen nicht immer gelang.

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