Ökologische Hühnerhaltung: Trotz Regelverstößen keine Strafen

Große Bio-Legehennen-Farmen missachten die Vorgaben zum Auslauf. Doch der Ökoverband der Betriebe bleibt untätig.

Zwei Hühner picken auf einer grünen Wiese im Gras, ein Hahn zwischen ihnen sieht sich um

Hühner auf einer Wiese mit saftigem Gras – ein eher seltener Anblick Foto: dpa

BERLIN taz | Der Ökoverband Biopark will keine Sanktionen verhängen gegen Legehennen-Farmen mit Auslaufflächen, deren Boden entgegen den EU-Vorschriften weitgehend frei von Pflanzen ist. „Das sind Betriebe, die nach jeder Ausstallung wieder Gras ansäen. Die machen da ja was“, sagte Geschäftsführerin Delia Micklich der taz.

Sie verwies darauf, dass die Behörden Verstöße verfolgen müssten. Die für die Farmen zuständigen Ämter in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg bekommen das seit Jahren immer wieder auftretende Problem aber bislang nicht in den Griff.

Die EU-Ökoverordnung verlangt: „Freigelände für Geflügel muss überwiegend aus einer Vegetationsdecke bestehen.“ Diese Vorschrift soll es erschweren, dass der Boden durch Wind und Wasser erodiert, dass Nährstoffe aus den Ausscheidungen der Hühner ins Grundwasser gelangen und dass die Hühner Schadstoffe über Bodenpartikel aufnehmen. Außerdem bietet ein grüner Auslauf den Hühnern deutlich mehr Beschäftigungsmöglichkeiten und lockt sie hinaus.

Die taz hatte am 13. August berichtet, dass zum Beispiel Deutschlands größter Bio-Eier-Erzeuger „Fürstenhof“ gegen die EU-Vorschrift verstößt. Das trifft auch auf zwei Farmen in den brandenburgischen Dörfern Petznick und Mittenwalde zu.

Statt Verstöße zu bestrafen, stellt Biopark die ­Gesetzeslage infrage

Alle Betriebe vermarkten ihre Eier mit Biopark-Gütesiegel, das höhere Umwelt- und Tierschutzstandards als die gesetzlichen Vorschriften garantieren soll. Da auf den Farmen beispielsweise 30.000 Hühner in einem Gebäude gehalten werden, ist das Gras innerhalb kurzer Zeit weggepickt. Kritiker bemängeln solche Missstände schon lange.

Doch statt Verstöße zu bestrafen, stellt die Biopark-Geschäftsführerin die Gesetzeslage infrage: „Wie sinnhaft ist eine Regelung: Es müssen mindestens 50 Prozent begrünt sein?“, sagte Micklich. Wenn es wenig regnet, sei es nun mal schwierig, die Grasnarbe zu erhalten.

Bio und Massentierhaltung schließen sich nicht aus

Andere Betriebe schaffen das, indem sie weniger Tiere pro Gebäude halten. So verteilen sich die Hühner besser in der Nähe des Stalls. Zudem haben die Bauern dann genug Platz, um einen Teil der Ausläufe abzusperren, damit sich dort das Gras erholen kann. Biopark schreibt dafür nur 0,2 Quadratmeter je Tier vor – Experten zufolge ist das bei weitem zu wenig. Dennoch teilte Biopark-Vorsitzender Carsten Niemann der taz mit: „Die Biopark-Richtlinien reichen mit Sicherheit.“

Gerade Fürstenhof fällt seit Jahren wegen Unregelmäßigkeiten auf. Mal waren laut Staatsanwaltschaft Ausläufe zu klein, dann wurde stark pestizidbelastetes Futter aus der Ukraine verarbeitet. Auf die Frage, ob Biopark sich von der Unternehmensgruppe trennen wolle, antwortete Niemann: „Fürstenhof fällt auf mit negativen Dingen, aber auch mit positiven.“ Die Gruppe bietet zum Beispiel anders als Konkurrenten Bio-Elterntieren auch Auslauf.

Während die männlichen Küken von Legehennen-Linien normalerweise wie in der konventionellen Haltung gleich nach dem Schlupf getötet werden, mästet Fürstenhof einige der Tiere. Wenn sich aber „Mitglieder nicht an unsere Richtlinien halten/halten wollen, werde ich nicht zögern, diesen Betrieben zu kündigen“, schrieb Niemann der taz.

Bio und Massentierhaltung schließen sich nicht aus, die ökologische Haltung hat trotzdem Vorteile: Die meisten konventio­nellen Legehennen müssen ihr ganzes Leben im Stall verbringen, der kleiner ist als bei Bio. Schnabelteile werden amputiert, das Futter kommt oft aus umweltschädlichen Monokulturen, die mit chemisch-synthetischen Pestiziden und Kunstdünger behandelt werden.

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