Ökonom zu Trumps Strafzoll-Drohung: „Handelskriege bringen nichts“

Die von den USA angekündigten Strafzölle erzeugen nur Verlierer, meint Hermann Adam. Im schlimmsten Fall können sie zu gewalttätigen Konflikten führen.

Stahlarbeiter bei Thyssenkrupp

Einer, der es ausbaden muss: Stahlarbeiter bei ThyssenKrupp Foto: dpa

Herr Adam, kann man bei Trumps Strafzöllen überhaupt von einem Handelskrieg sprechen?

Hermann Adam: Einen Handelskrieg macht aus, dass mindestens zwei Länder, die miteinander handeln, versuchen, ihre Importe aus dem anderen Land zu drosseln – mit welchen Maßnahmen auch immer – und die Exporte zu erhöhen. Im Moment sind nur die USA dabei, Strafzölle zu erlassen. Solange noch keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen worden sind, würde ich nur von einem drohenden Handelskrieg sprechen.

Können Sie ein historisches Beispiel geben, das vergleichbar ist?

Das hat es sehr häufig gegeben, in den USA hat beispielsweise Präsident Hoover in den 1930er Jahren ähnliche Maßnahmen ergriffen. Die Ergebnisse sind eigentlich immer die gleichen. Zunächst warten die betroffenen Staaten eine Zeit lang ab. Wenn das Land an Strafzöllen festhält, reagiert man mit Gegenmaßnahmen. Das langfristige Ergebnis ist, dass Exporte und Importe der Beteiligten einbrechen und es nur Verlierer gibt. Die gesamte Wirtschaftsleistung geht zurück.

Aber wenn das die Erfahrung aus der Vergangenheit ist, warum führen Länder dann überhaupt noch Handelskriege?

Eigentlich sagen sowohl die linken als auch die liberalen Ökonomen: Unterm Strich bringt das nichts. Es kann aber sein, dass es in den ersten Jahren kurzfristige Erfolge gibt, wenn die amerikanischen Firmen wettbewerbsfähiger und Arbeitsplätze gesichert werden. So könnte Trump sich über die nächste Wahl retten. Wenn er die Zölle auf die Automobilindustrie ausweiten sollte, kann es zudem sein, dass die Automobilfirmen Zweigwerke in den USA errichten. Das wird aber nicht unbedingt da der Fall sein, wo Trump den weißen Arbeitern helfen will. Auch bei den Absatzmärkten wird sich die deutsche Automobilindustrie zu helfen wissen. Die reichen Chinesen kaufen gerne deutsche Autos, ganz egal, was die kosten.

Jenseits der Autoindustrie: Wie stark sind die deutsche und die europäische Wirtschaft tatsächlich betroffen?

Was die angekündigten Zölle auf Stahl und Aluminium angeht: Die größten Exporteure in die USA sind nicht die EU, sondern Kanada und Mexiko. Die EU und Deutschland kommen da erst an fünfter oder sechster Stelle. Es kann natürlich sein, falls da ein Absatzmarkt wegfällt, dass es zu einem knallhartem Unterbietungswettkampf auf dem Weltmarkt kommt. Das ist ohnehin eine Branche mit Überkapazitäten. Früher oder später wird man ohnehin nicht umhin kommen, Kapazitäten abzubauen.

ist Diplom-Volkswirt und Politologe. Er lehrt Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. In den 1970er-Jahren arbeitete er beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB, danach beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband.

Deutschland hat große Exportüberschüsse und erntet dafür immer wieder Kritik. Wäre da eine größere Binnennachfrage nicht wünschenswert?

Wer soll deutschen Stahl und deutsches Aluminium im Inland kaufen? Der Ausgleich der Zahlungsbilanz kann nicht dadurch passieren, dass die Exportnachfrage durch Binnennachfrage ersetzt wird, sondern indem man mehr importiert. Das könnte man erreichen, wenn man zum Beispiel Urlaube in Griechenland oder Florida fördert. Dann hat man mehr Importe durch den Dienstleistungssektor, aber ich glaube kaum, dass das als Folge solcher Strafzölle passiert.

Wie wird sich der Konflikt entwickeln?

Das kann ich nicht sagen, da die angekündigten Maßnahmen noch kaum wirken. Amerika hat selbst einen Einbruch, Trump schneidet sich ins eigene Fleisch. Das schlimmste Szenario: Der Erste Weltkrieg hatte zwar die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand als Auslöser, dem sind aber enorme Handelskriege vorausgegangen. Diese waren auch eine Kriegsursache. Wenn sich das heutzutage genauso aufschaukeln sollte – Handelskriege können Jahrzehnte dauern – kann sich das in gewaltsamen Auseinandersetzungen entladen. Was aber nicht unbedingt in Europa passieren muss, es wäre auch ein Stellvertreterkrieg möglich.

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