Österreichs Geheimdienst ausgeschlossen: Keine Interna von der Familie

Europäische Geheimdienste schneiden den Partner in Wien. Grund sind wohl die Verbindungen von Innenminister Kickl zu Neonazis.

Österreichs Innenminister Herbert Kickl

Schwärmte vor Identitären, wie wohl er sich „unter Gleichgesinnten“ fühle: Innenminister Kickl Foto: dpa

WIEN taz | Österreichs Geheimdienste werden von den internationalen Partnerorganisationen geschnitten. Grund dürften die rechtsextremen Verflechtungen der FPÖ sein. Das wurde eher zufällig bekannt, als Peter Gridling, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) am Montag vor Gericht aussagte. Er trat als Zeuge in einem Prozess auf, den Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gegen die Liste Jetzt von Peter Pilz anstrengt. Der ­Innenminister klagte auf Unterlassung der Aussage von Pilz, er, Kickl, sei „eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“.

Gridling bestätigte, dass das BVT am Berner Club, dem Netzwerk europäischer Geheimdienste, weiterhin nicht teilnehme. Die Regierung hatte zuletzt den Eindruck vermittelt, dass man nach einem vorübergehenden Rückzug im Vorjahr wieder voll in die Geheimdienstfamilie integriert sei. Ein von der Wochenzeitung Falter vor einiger Zeit veröffentlichtes Geheimpapier des finnischen Geheimdienstes dokumentierte aber, dass bestimmte Informationen „an alle Dienste außer in Österreich“ gehen sollten.

Peter Pilz sieht das als Bestätigung seiner Einschätzung: „Wir sind draußen.“ Europäische Partnerdienste, so schloss er, „sehen Österreich als Sicherheitslücke in Richtung Rechtsextreme und Russland. Deswegen sind wir blind und taub. Wir sind vollkommen isoliert.“ Die Opposition forderte am Dienstag geschlossen Kickls Rücktritt.

Der internationale Druck hat auch den sonst in Sachen FPÖ sehr schweigsamen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) alarmiert. Er dulde „keinen schwammigen Umgang mit dieser rechtsextremen Bewegung. Daher erwarte ich, dass die FPÖ klar Position bezieht und, wenn es hier Verbindungen gibt, auch durchgreift und diese trennt“, erklärte Kurz am Montag. Er will jetzt durchsetzen, dass die Geheimdienste, die alle zu FPÖ-geführten Ministerien gehören, auch dem Kanzler berichten müssen.

Nicht schwammig, sondern ziemlich eindeutig

Als schwammig kann man das innige Verhältnis der kleinen Regierungspartei allerdings schwerlich bezeichnen: In den sozialen Medien zirkuliert etwa ein Video, das Herbert Kickl 2016 auf dem „Kongress der „Verteidiger Europas“ als Redner zeigt. Vor dem Publikum aus Identitären und anderen rechtsextremen Gruppen schwärmt er da, wie wohl er sich „unter Gleichgesinnten“ fühle.

Jüngster Stein des Anstoßes ist eine Gründerzeitvilla in Linz, wo neben einer schlagenden Burschenschaft auch die Identitären eingemietet sind. Die Villa gehört einem Verein, dessen Vorstand aus führenden FPÖ-Leuten zusammengesetzt ist, darunter der Ehemann der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller.

„Dieser Verein hat überhaupt nichts mit der FPÖ zu tun“, versuchte der oberösterreichische Landesparteisekretär Erwin Schreiner am Dienstag im Ö1 „Morgenjournal“ glaubhaft zu machen: „Es sind viele FPÖ-Mitglieder in unterschiedlichsten Vereinen und Organisationen tätig.“ Er verwies auf einen Beschluss der Landesparteileitung vom Februar 2018. Wenige Wochen nach dem Eintritt in die Regierung hat die FPÖ dort „jegliche Mitgliedschaft bei Identitären und Reichsbürgern“ zu einem Ausschließungsgrund erklärt.

Peter Pilz interessiert, „wie viele Mitglieder seither aus der FPÖ ausgeschlossen wurden?“ Er würde sich über eine Leermeldung nicht wundern, so Pilz. Vom Kanzler erwarte er sich mehr Interesse für die rechten Umtriebe seines Koalitionspartners. Am Montag, bei einem von der Opposition einberufenen Nationalen Sicherheitsrat in Sachen FPÖ und Rechtsextremismus, sei Kurz unbeteiligt dabeigesessen und habe „die ganze Zeit mit dem Handy gespielt“.

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