Ohnmächtige Bürgervertreter: Baubehörde blockiert Beiräte

Seit 2010 gilt das Beirätegesetz – mehr Rechte haben die Beiräte dennoch nicht bekommen, sagt Hucky Heck, Beiratsvertreter und früherer Ortsamtleiter.

Erfolgloser Beirat: Die Carl-Schurz-Straße sollte fahrradfreundlicher werden. Foto: Michael Bahlo

BREMEN taz | Beiräte haben gesetzlich festgeschriebene Rechte – zumindest theoretisch. So hat die Elternvertretung der Schule Carl Schurz gefordert, dass in der Wachmannstraße eine Fußgänger-Ampel gebaut wird für die vielen Grundschulkinder, die täglich die Straße queren müssen. Der Beirat Schwachhausen wollte die Ampel ebenfalls, bekam sie aber nicht.

Dabei ist er zuständig, so steht es jedenfalls im Beirätegesetz Paragraf 10, „für verkehrslenkende, -beschränkende und –beruhigende Maßnahmen, soweit diese stadtteilbezogen sind“. Die Wachmannstraße ist seit dem Jahre 2008 mit „Tempo 30“ verkehrsberuhigt und ganz eindeutig „stadtteilbezogen“.

„Die Baubehörde hat die Ampel abgelehnt“, erinnert sich Hucky Heck, seit Jahren aktiver Beiratsvertreter in Schwachhausen. Inhaltliche Begründung: nicht erforderlich, nicht möglich. Formal verwies das Bauressort auf eine Liste mit dem Namen „Vorbehaltsstraßennetz“, wo aufgelistet ist, für welche Straßen die Beiräte-Rechte nicht gelten. Alle Straßen mit ÖPNV und rund hundert weitere Straßen sind da aufgelistet, eine Verordnung aus dem Jahre 1997. Heck stutzte: Eine Verordnung aus dem Jahre 1997 schränkt ein Gesetz aus dem Jahre 2010 ein? Aber die Bauverwaltung sagte, das sei so. Basta.

Für Rechtsgutachten hatte der Beirat kein Geld, also bestellte Heck auf private Kosten ein Gutachten bei dem Staatsrechtler Rainer Kulenkampff – und es ergab sich: Es gibt diese Straßen-Liste, aber die hat absolut gar nichts mit den Rechten der Beiräte zu tun. Das räumt inzwischen auch das Bauressort ein. Die Ampel musste gebaut werden. „Provisorisch“, schmollte das Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Bis heute steht die Ampel nur auf Beton-Füßen.

„Wenn wir etwas anderes wollen als die Verwaltung, dann stören wir die Beiräte nur“, so fasst Heck die politische Kultur zusammen, die zwischen Beiräten und Bauverwaltung herrscht.

Beispiel Carl-Schurz-Straße: Der Zustand der Straße ist für Radfahrer unzumutbar. Man könnte in der Mitte der Fahrbahn einen Streifen asphaltieren, fand der Beirat – aber nicht die Bauverwaltung. Zwar können die Beiräte „Haushaltsanträge“ stellen. Wenn die aber nicht sowieso ins Konzept der Bauverwaltungen passen, werden sie abgelehnt. Hucky Heck wandte sich an das Rathaus, da ist das „Referat 14“ zuständig für „Angelegenheiten der Ortsämter und Beiräte“. Ergebnis: „Wir haben da null Unterstützung.“

Theoretisch müssten die Beiräte über „Stadtteilbudgets“ verfügen können, um ihrer gesetzlichen Aufgabe für „verkehrslenkende, -beschränkende und -beruhigende Maßnahmen, soweit diese stadtteilbezogen sind“, überhaupt nachkommen zu könne, so steht es in Paragraf 32 Absatz 4 des Beiräte-Gesetzes. Die gibt es aber auch sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht.

„Dafür sind wir nicht zuständig“, sagt Jens Tittmann, Sprecher des Verkehrssenators. Zuständig sei der Haushaltsgesetzgeber. Vorgeschlagen hatte das Haus von Joachim Lohse (Grüne) aber auch nichts. „Ich nenne das Rechtsbeugung“, sagt Heck dazu.

Vergeblich hat er versucht, in die Verhandlungsrunde für den neuen Koalitionsvertrag zu kommen. Dort steht nun im typischen Politiker-Kauderwelsch ein Passus, dessen Zynismus man nur verstehen kann, wenn man die Hintergründe kennt: „Gemeinsam mit den Beiräten wollen wir beraten, ob wir ihre Entscheidungsbefugnisse ausweiten können und ob ihre Aufgaben und vorhandenen Ressourcen im Einklang damit stehen.“

Die Beiräte können nicht vor den Staatsgerichtshof ziehen, um die Respektierung ihrer Rechte grundsätzlich einzuklagen. Hucky Heck hofft, dass er wenigstens an einem konkreten Fall endlich vor den Staatsgerichtshof kommt.

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