Organisationen zur Flüchtlingskrise: Bitte mehr Engagement

Die Bahn stellt den Fernverkehr nach Salzburg und Budapest vorübergehend ein. Internationale Organisationen schlagen in der Flüchtlingskrise Alarm.

Feldbetten in einem Baumarkt in Hannover

Die hier wurden nicht aus den USA geliefert: Feldbetten in einem Baumarkt in Hannover. Foto: dpa

BERLIN/GENF/FRANKFURT rtr/dpa/afp | Nach wie vor kommen sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland. Am Montag passierten 4.300 Migranten die deutsch-österreichische Grenze, wie die Bundespolizei mitteilte. Der Zugverkehr zwischen Salzburg und München bleibt nach Angaben der österreichischen Bahn bis zum 4. Oktober gesperrt. Parallel dazu stellt die Deutsche Bahn den Fernverkehr zwischen München, Salzburg sowie der ungarischen Hauptstadt Budapest ein. Grund seien die derzeitigen Grenzkontrollen, teilte die Bahn am Dienstag auf ihrer Internetseite mit.

Von der Einstellung ist laut Bahn die IC-Linie zwischen Frankfurt am Main und Klagenfurt oder Graz betroffen. Züge aus Frankfurt enden demnach in München, Züge aus Österreich in Salzburg. Die sogenannte Railjet-Linie zwischen Budapest und München beginne und ende in Salzburg. Zwischen Salzburg und München führen keine Züge. Es bestehen laut Bahn aber alternative Reisemöglichkeiten.

Die Welthungerhilfe forderte die Staatengemeinschaft auf, mehr Geld für Flüchtlinge in den Krisenregionen bereitzustellen. Das UN-Flüchtlings-Hilfswerk UNHCR kritisierte den Plan der EU-Kommission, 120.000 Hilfesuchende in Europa aufzunehmen, als nicht ausreichend.

Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, nannte es einen Skandal, dass das Welternährungsprogramm (WFP) in diesem Jahr nur die Hälfte der zugesagten Mittel erhalten habe und daher die Versorgung der Flüchtlinge in Syrien und den Lagern in Jordanien und dem Libanon halbieren müsse. Sie forderte die Golfstaaten auf, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Nach Angaben der Organisation haben unter anderem Russland, China und die USA weniger Geld an die Vereinten Nationen überwiesen als zugesagt.

Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte bei einem Besuch im jordanischen Flüchtlingslager Za‘atari eine stärkere finanzielle Unterstützung für Jordanien, Libanon und die Türkei, die den größten Teil der Syrien-Flüchtlinge aufgenommen haben. Europa habe bereits signalisiert, dass es zusätzlich 1,5 Milliarden Euro geben wolle. Nun müsse mit den Golf-Staaten und den USA mit dem Ziel gesprochen werden, den gleichen Betrag aufzubringen. Werde den Menschen in den Lagern nicht geholfen, zögen auch sie in Richtung Europa in der Hoffnung, dort eine Zukunft finden zu können.

15.000 Feldbetten einfliegen lassen

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat für Flüchtlinge insgesamt rund 15.000 Feldbetten aus Nordamerika nach Deutschland einfliegen lassen. Die letzte Lieferung von etwa 1.000 Betten erreichte per Lufthansa-Maschine am Dienstagmorgen Frankfurt. Für das DRK sei die Spende des Amerikanischen und Kanadischen Roten Kreuzes „sehr ungewöhnlich“, sagte Generalsekretär Christian Reuter. Normalerweise liefere das Deutsche Rote Kreuz Hilfsgüter in andere Länder. In Zeiten einer „humanitären Notlage in Deutschland“ müssten ungewöhnliche Wege beschritten werden.

Seit vergangenem Donnerstag hatte die Lufthansa mit insgesamt zwölf Linienflügen die Feldbetten aus der US-amerikanischen Hauptstadt Washington nach Frankfurt und München geflogen. Die etwa 1.000 Feldbetten vom Dienstag sollten noch im Laufe des Tages in Unterkünfte nach Straubing und Erding (beide Bayern) transportiert werden.

Sondergipfel in Brüssel am Mittwoch

In Brüssel unternahmen die EU-Innenminister einen erneuten Versuch, eine einvernehmliche Lösung zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen auf die EU-Staaten zu finden. Die Bundesregierung zeigte sich optimistisch, dass dies gelingen wird. „Wir sind ganz sicher, dass es heute ein gutes Ergebnis geben wird“, hieß es in Regierungskreisen kurz vor der Zusammenkunft. Die Zahl 120.000 stehe als Einstieg in ein neues europäisches System zur Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht zur Disposition. Am Mittwoch wollen dann die Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel über Maßnahmen beraten.

Eine Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf warnte, zusätzlich zu den vereinbarten 40.000 Plätzen Schutz für weitere 120.000 Flüchtlinge zu gewähren, werde nicht ausreichen. Als Notmaßnahme sei dies insbesondere mit Blick auf die Flüchtlinge in Italien und Griechenland aber nötig. Allein 477.906 Flüchtlinge seien dieses Jahr bislang über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Im Schnitt würden 6.000 Einreisen pro Tag verzeichnet. 120.000 Plätze deckten also gerade den Bedarf für 20 Tage.

Tschechiens Regierungschef Bohuslav Sobotka bekräftigte indes seine Ablehnung eines Quotensystems zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU. Die gemeinsame Asyl-Politik funktioniere nicht. Auch andere osteuropäische Staaten wehren sich gegen verbindliche Quoten, wie sie ab dem nächsten Jahr geplant sind.

Norwegen verschärft Grenzkontrollen

Nach Deutschland, Österreich und weiteren Staaten kündigte inzwischen auch die norwegische Regierung an, die Grenzkontrollen zu verschärfen. Das Land gehört nicht zur EU, aber zu den Unterzeichnern des Schengener Abkommens zur Abschaffung von Kontrollen an den Binnengrenzen.

Nach Ansicht der OECD sollten Flüchtlinge vor allem in Regionen mit einem florierenden Arbeitmarkt angesiedelt werden. „Im Idealfall sollte man Flüchtlinge dorthin bringen, wo gute Jobaussichten sind und nicht dort, wo günstiger Wohnraum zur Verfügung steht“, riet Thomas Liebig von der Industriestaaten-Organisation.

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen warnte vor einer Radikalisierung von Flüchtlingen durch in Deutschland lebende Islamisten. „Es bereitet uns große Sorge, dass Islamisten in Deutschland unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe versuchen, die Situation der Flüchtlinge gezielt für ihre Zwecke zu missbrauchen, Asylbewerber zu missionieren und zu rekrutieren“, sagte er in Berlin.

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