Ostseebad-Bahnhöfe: Stilles Sonnenbaden

Schleswig-Holstein und Bahn werden für Güterzüge und Fernbahnen zwischen Lübeck und Fehmarn eine neue Trasse bauen.

Sonnenbaden am Ostseestrand in Scharbeutz wird auch künftig ohne viel Güterzug-Gerumpel möglich sein. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Ostseebäder an der Lübecker Bucht werden vom Lärm zusätzlicher Güterzüge verschont. Das ist die Konsequenz aus einer Absichtserklärung zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Deutschen Bahn über den genauen Verlauf der Schienenverbindung zwischen Lübeck und dem geplanten Fehmarnbelt-Tunnel. Der jetzt vereinbarte „Letter of Intent“, welcher der taz.nord vorliegt, wird von der Landesregierung in Kiel nach der Sommerpause Ende August förmlich beschlossen.

Darin kommen Land und Bahn überein, die Trassenführung nach dem Ergebnis des Raumordnungsverfahrens vom Mai dieses Jahres zu planen. Das sieht nördlich von Bad Schwartau eine zweigleisige Neubaustrecke vor, welche die Badeorte an der Ostsee umfährt. Die Deutsche Bahn hatte ursprünglich geplant, die gut 80 Kilometer lange bestehende einspurige Strecke zwischen Lübeck und Fehmarn zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren.

Nach den Verkehrsprognosen sollen dann täglich 78 Güterzüge von mehr als 800 Metern Länge mit 160 Stundenkilometer durch die Seebäder rauschen – das hieße alle 18,5 Minuten ein Güterzug. Dazu kämen jeden Tag 22 ICs und ICEs zwischen Hamburg und Kopenhagen sowie 38 Nahverkehrszüge. Dann führen Tag und Nacht fast sechs Züge pro Stunde auf der ausgebauten Strecke, die teilweise nur 600 Meter vom Strand entfernt ist. Das wäre das Ende des Tourismus an der Lübecker Bucht, heißt es übereinstimmend aus den Rathäusern und Bürgerinitiativen der betroffenen Gemeinden.

Die Grundlage für die Fehmarnbelt-Querung ist der deutsch-dänische Staatsvertrag von 2009. Strecke: Die gut 19 Kilometer breite Meeresstraße soll für eine vierspurige Autobahn und zwei Bahngleise untertunnelt werden. Kosten: Der Tunnel soll 5,5 Milliarden Euro kosten. Diese sollen über 39 Jahre über die Maut refinanziert werden. Anschluss Dänemark: Straßen und Schienen von Rødby bis Kopenhagen werden auf Staatskosten von ca. 1,2 Milliarden Euro ausgebaut. Anschluss Deutschland: Straßen und Schienen von Puttgarden bis Lübeck sollen auf Kosten von Bund und Bahn ausgebaut werden. Der Bundesrechnungshof schätzt die Kosten auf 1,7 Milliarden Euro.

Daraufhin hatte Bahnchef Rüdiger Grube im Sommer vorigen Jahres zugesagt, auch eine alternative Trasse weiter landeinwärts parallel zur Autobahn A 1 prüfen zu lassen. Denn aus Stuttgart 21 habe die Bahn gelernt, sagte Grube damals, „dass wir uns nicht nur von Kosten und Zeitplan leiten lassen dürfen“. Eine Lösung bringe nichts, wenn sie nicht breit akzeptiert werde. Diese Trasse wurde im Mai von der Landesregierung vorgestellt. „Unser Ziel war es, eine für die Menschen möglichst verträgliche Trasse zu finden“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Dies sei gelungen: „Das ist ein gutes Ergebnis für die Region und die Gemeinden.“

Die Strecke ist Bestandteil des deutsch-dänischen Staatsvertrages über den Bau einer festen Querung des Fehmarnbelt. Dort will Dänemark auf eigene Kosten bis 2022 einen Tunnel durch die Ostsee bauen. Deutschland hat sich verpflichtet, für eine vierspurige Autobahnanbindung und eine zweigleisige elektrifizierte Bahnstrecke aufzukommen.

Die jetzt mit der Bahn getroffene Vereinbarung sei „ein ganz wichtiger Fortschritt“, erklärt Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD). Damit sei der Tourismus an der Lübecker Bucht als wirtschaftliches Standbein der Region gesichert. Voraussetzung für die neue Trasse sei jedoch „die Bestätigung der Finanzierung durch den Bund“, heißt es in der Vereinbarung. Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis erklärte am Mittwoch, es sei noch nicht geklärt, ob es Mehrkosten gebe. Wenn es welche geben sollte, werden sie vom Bundesverkehrsministerium getragen. Die Bereitschaft dazu hatte das Ministerium bereits 2013 signalisiert.

Die Verlegung der Trasse sichert zwar ruhige Urlaube am Strand, zugleich wird aber die Erreichbarkeit der Badeorte eingeschränkt. Die neuen Bahnhöfe in Timmendorfer Strand und Scharbeutz lägen dann vier bis fünf Kilometer vom Ortszentrum entfernt und die Bäder müssten einen Bus-Shuttle zum Strand einrichten. Ein solcher Pendelverkehr werde Timmendorf etwa nach Angaben von SPD-Gemeinderat Peter Ninnemann rund 250.000 Euro im Jahr kosten. „Schwierig“, sagt er.

Deshalb seien die Ostseebäder sich einig und sie wollen gemeinsam für den Erhalt der Bäderstrecke zusätzlich zur neuen Trasse kämpfen, kündigt Ninnemann an. Dafür reiche ja, wie auf der Ostseeinsel Usedom, eine private Bimmelbahn.

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