Palästinenser im Westjordanland: Protest durch Wiederaufbau

Die Aktion nennt sich „Salz der Erde“. Palästinensische Aktivisten bauen ein verlassenes Dorf im Jordantal wieder auf.

Palästinensische Aktivisten im verlassenen Dorf Ein Hijleh. Bild: Susanne Knaul

EIN HIJLEH taz | „Alle mal ran und den Baumstamm hochheben“, spornt Abdallah Abu Rahma seine Freunde an. Kurz stillgestanden für die Pressefotografen und wieder runter mit der Palme. Zunächst werden die Dächer nur provisorisch mit Plastikplanen abgedeckt. Eine haltbare Konstruktion ist erst später geplant und dann ist auch der Baumstamm an der Reihe. Für die Fotos macht er sich jetzt schon gut.

Seit Ende letzter Woche protestieren ein paar Dutzend Palästinenser gegen die Besatzung, indem sie das verlassene Dorf Ein Hijleh, wenige Kilometer östlich von Jericho, wieder aufbauen. Die Ruinen sind rund 30 Jahre alt und müssen fast komplett neu instand gesetzt werden. Federführend bei der Aktion ist das Volkskomitee gegen die Mauer aus der kleinen Grenzstadt Bilin, die seit neun Jahren mit ihrem friedlichen Widerstand gegen die Besetzung wiederholt Schlagzeilen auch im Ausland machte.

Anfang vergangenen Jahres versuchte das Volkskomitee schon einmal an einem von Israel und den Palästinensern umstrittenen Ort Tatsachen zu schaffen und damit dem israelischen Vorbild und dem Siedlungsbau zu folgen. Ganze zwei Tage hielten sich die friedlichen Widerstandskämpfer, bis die Soldaten die Zelte von Bab al-Schams auf dem sogenannten Hügel E1, wo Israel eine neue Siedlung plant, räumten.

Wie eine kleine Oase mutet das von Palmen umgebene Dorf mitten in der Wüste an. Von den anfänglich rund 200 Aktivisten sind nach drei Tagen noch knapp 50 übrig. „Die Soldaten halten uns mit Licht- und Lärmbomben wach“, berichtet Abu Rahma. Die Aktivisten wollten sich „nur vorübergehend“ zu Hause ausruhen.

Zuerst soll der Müll weggeräumt werden, vor allem die trockenen Äste der Palmen, die die Aktivisten verbrennen. Sie wegzukarren geht nicht, da Soldaten das Gelände absperren. Wer nach Ein Hijleh will, muss sein Auto vor dem Kloster von St. Gerasimos abstellen und knapp zwei Kilometer in das Dorf laufen.

Umkämpftes Jordantal

Bis zum See Genezareth im Norden zieht sich entlang des Jordan die Grenze zwischen dem besetzten Palästina und Jordanien. Die Zukunft des Jordantals gehört zu den empfindlichsten Knackpunkten bei den aktuellen Friedensverhandlungen. US-Außenminister John Kerry stieß mit seinen Vorschlägen für eine Übergangsregelung bei beiden Seiten auf Kompromisslosigkeit.

Die Palästinenser lehnen eine fortgesetzte befristete Präsenz israelischer Soldaten ab und beharren auf einen sofortigen Abzug. Die Regierung in Jerusalem wiederum erwägt eine Annektierung des Jordantals, ähnlich wie bei den Golanhöhen, um einen Abzug grundsätzlich zu unterlaufen. Die israelische Führung betrachtet die Grenzregion als strategisch unverzichtbar für Israels Sicherheit.

Der Wiederaufbau Ein Hijlehs gilt in erster Linie den Annektierungsplänen Israels, wobei aktuell der Anlass einer Häuserräumung im nördlichen Jordantal dazukam. 66 Personen wurden bei dem Abriss der Häuser obdachlos, über die Hälfte davon Kinder. Die Soldaten zerstören die Unterkünfte, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden. Das gesamte Jordantal gehört zur sogenannten C-Zone, der Region, in der Israel volle Kontrolle hat und wo es für Palästinenser nahezu unmöglich ist, eine Baugenehmigung zu erhalten.

„Melh al-Ard“ nennen die Aktivisten ihre Operation, das „Salz der Erde“ in Anspielung an den Evangelisten Matthäus, der über Jesus berichtet, als der seine Jünger lobt, weil sie ihm als König des Landes folgen. Das Land von Ein Hijleh gehört der orthodoxen Kirche. „Wir haben die Zustimmung des Klosters“, sagt Abu Rahma. „Unsere Botschaft ist eine friedliche.“

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