Palmer für Weiterbau von Stuttgart 21: Zu teuer, um aufzuhören

Nichts wie raus? Ach was. Tübingens grüner OB Boris Palmer hält einen Ausstieg aus dem Milliardenprojekt der Bahn für nicht mehr möglich.

Bauarbeiten am geplanten Stuttgarter Bahnhof

Noch immer nur eine Baustelle: Stuttgart 21 Foto: dpa

STUTTGART taz | Boris Palmer ist studierter Mathematiker. Während der S21-Schlichtung hat er sich dem Millionenpublikum der Live-Übertragungen als größter Widersacher der Deutschen Bahn profiliert mit einem von ihm detailliert errechneten Fahrplan. Der widerlegte alle Kapazitätsversprechungen im umstrittenen Tiefbahnhof. Dennoch und gerade angesichts der neuen Kostenexplosion hält Palmer das Milliardenprojekt mittlerweile für unumkehrbar.

Er habe einen „großen Brass“ auf alle Verantwortlichen, sagt er im taz-Gespräch, „aber ein sauberer Schnitt und damit der Ausstieg ist nicht mehr möglich“.

Palmer argumentiert mit dem Stand der Bauarbeiten: „Wir hätten in Stuttgart das größte Bergbaumuseum der Welt, aber für Bahnkunden überhaupt nichts gewonnen.“ Der noch immer von tausenden Kopfbahnhofbefürwortern auf den regelmäßigen Montagsdemos geforderten Ausstieg „wäre eine unglaubliche Vernichtung von Arbeitsleistung und Volksvermögen“.

Gleichzeitig führt der frühere Grünen-Landtagsabgeordnete – dialektisch – die großen Probleme ins Feld, die die Bahn weiterhin beim Bau hat. Denn die, etwa in den Tunneln durch quellfähigen Anhydrit, würden nicht geringer selbst bei einem Umstieg auf jene Kombilösung, die Schlichter Heiner Geißler gemeinsam mit dem renommierten Schweizer Bahngutachter Werner Stohler im Sommer 2011 als Kompromiss präsentierten.

Damals hatte die Bahn den zugesagten Stresstest nur durch Manipulationen an den eigenen Kriterien bestanden. Die Kombilösung sah vor, statt der acht nur vier Gleise in den Untergrund zu verlegen. Auch das heute sei „aber leider keine Alternative“ mehr, sagt Palmer.

Der Tübinger OB erhebt schwere Vorwürfe an die Adresse der S21-Fans. Alle hätten sich „in die Büsche geschlagen“. Er habe kein einziges Mal bisher erlebt, dass sich einer der namhaften Projektbefürworter wenigstens hinstellt und sagt: „Ja, ich habe mich geirrt.“

Die aktuell veranschlagten 7,6 Milliarden Euro plus 300 Millionen Euro Risikopuffer hält Palmer nicht „für das Ende der Fahnenstange“, weil „niemand mit Gewissheit über sieben Jahre planen kann“. Was im Übrigen auch für den jetzt verkündeten Fertigstellungstermin 2024 gelte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.