Panter Preis 2006: Was danach geschah

Barbara Cybard, Gewinnerin des Jurypreises 1, 2006 Bild: Jonas Maron

Barbara Cybard

Ob sie im nächsten Jahr noch einmal antreten wird? Barbara Cybard weiß es noch nicht. Seit bereits zehn Jahre kämpft sie als Betriebsrätin für die Rechte ihrer Schlecker-Kolleginnen, gegen einen Konzern, der es ihr allzu oft sehr schwer macht. “Ich bin jetzt 50, und das geht ziemlich an die Substanz”, sagt sie. Gerade während der Krise, wo Cybard und ihre Kolleginnen um jeden Arbeitsplatz kämpfen müssen. Und gegen Niedriglöhne von 6,50 Euro die Stunde für neue Kolleginnen.

Momentan ist die Lage besonders schlimm. Cybard ermahnt ihre Kolleginnen, die Taschen ihres Verkaufskittels penibel zu leeren, bevor sie ihn zum Waschen mit heim nehmen. Kein Kulli, kein Teppichmesser soll mitgenommen werden. Eine Vorsichtsmaßnahme in Zeiten, in denen eine Berliner Kassiererin gekündigt wird, weil sie angeblich einen Pfandbon im Wert von 1,30 Euro entwendet haben soll. Oder ein Bäckereimitarbeiter seinen Job verliert, weil er sich Brotaufstrich im Wert von 50 Cent auf das beim Arbeitgeber gekaufte Brötchen schmierte.

Viele positive Rückmeldungen hat Cybard nach der Preisverleihung bekommen, Glückwunschkarten aus allen möglichen Filialen Deutschlands. Auch das Bundesverdienstkreuz, das sie kurze Zeit später bekam, “hing irgendwie damit zusammen”, sagt Cybard.

Doch eine negative Reaktion auf den Panter Preis gab es doch: von der Firma Schlecker. Statt Cybard zum Preis zu gratulieren, mokierte die Geschäftsführung auf einer Betriebsrätekonferenz, dass sie das Geld nicht gespendet habe, erinnert sich Cybard. “Vor über 200 Leuten. Ich weiss nicht, ob Sie sich vorstellen können, wie peinlich mir das war.” Dabei habe sie doch schon bei der Panter-Preisverleihung angekündigt, dass sie große Teile des Geldes in die Studienförderung ihrer Kinder fließen soll.

Viele Gerichtsverfahren verliert der Betriebsrat gegen Schlecker. Langjährige, schwer kranke Exkolleginnen fliegen raus ohne auch nur eine kleine monatliche Unterstützung. Cybard selbst wird von der Firma Schlecker immer wieder unter Druck gesetzt. Und doch mag sie nicht ausschließen, dass sie sich vier weitere Jahre als Betriebsrätin dem Druck aussetzten wird. “Ich sehe doch, wie schwer es Kolleginnen in den Bezirken haben, in denen es keinen Betriebsrat gibt.” Dort, wo keiner Cybards Mut hatte, sich dem großen Konzern entgegenzustellen.

Benny Adrion, Gewinner des Jurypreises 2, 2006 Bild: Jonas Maron

Benny Adrion

Benjamin Adrion hat ein klares Ziel vor Augen: Spendenmillionär will er mit seiner Organisation “Viva con Agua de St. Pauli” werden – am Besten schon 2010.

Seit dem Panter-Preis 2006 haben er und seine Mitstreiter bereits eine halbe Million Euro gesammelt und an Wasserprojekte der Welthungerhilfe und der Schweizer Helvetia weitergeleitet. Inzwischen nicht mehr nur nach Mittel- und Südamerika, sondern auch in mehrere afrikanische Projekte – von Madagaskar bis Äthiopien.

Zusammengekommen ist dieses Geld nicht etwa durch trockene Spendenaufrufe. Adrions Projekt veranstaltet Konzerte, geht hin, wo gut gelaunte, junge Menschen sind – und findet kreative Wege, die jeden zum Spenden animieren. So wurden im letzten Jahr auf großen Musikfestivals wie Hurricane oder Southside 20.000 Pfandbecher als Spenden eingesammelt. “Der Panter-Preis war damals besonders für mich persönlich wichtig”, sagt Adrion. Denn im selben Jahr musste er wegen ständiger Verletzungen seine Karriere als Fußballprofi beim FC St. Pauli aufgeben. Und fragte sich, wie es weitergehen sollte. Würde sich für sein Projekte “Viva con Agua de St. Pauli” überhaupt noch irgendjemand interessieren, wenn er nicht mehr Fußball spielt? Würde das Projekt überhaupt überleben? Es hat überlebt und floriert. Sieben hauptamtliche Mitarbeiter hat “Viva con Agua” in Hamburg, Tausend ehrenamtliche Helfer in ganz Deutschland. Regelmäßig besuchen Adrion und seine engsten Mitstreiter die von ihnen unterstützten Projekte, um zu schauen, “ob das alles Hand und Fuß” hat, wie Adrion sagt. Und kommen wieder, um ein paar Fundraising-Konzerte oder andere Geldsammelaktionen zu planen. “All profit” nennt Adrion das. Oder auch “den spannensten Job, den ich mir vorstellen kann”.

2009 erhielt Benny Adrion für “Viva con Agua” das Bundesverdienstkreuz.

Sabine Ball, Gewinnerin des LeserInnenpreises, 2006 Bild: Jonas Maron

Sabine Ball

Sabine Ball wird einfach nicht müde, den jungen Menschen von Dresden zuzuhören. “Heute abend werde ich wieder nach 10 Uhr auf die Straße gehen”, sagt die fast 84-Jährige. “Mit einem Gebet auf den Lippen.” Mitten im Dresdner Ausgehviertel wird sich die alte Frau auf die Straße setzen und warten, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, die sich rund um sie herum betrinken und nicht selten prügeln. Will ein offenes Ohr haben für die jungen Menschen, ihre Probleme.

“Gerade nach dem Amoklauf sehen wir doch, dass die Jugend sehr unruhig ist, hoffnungslos”, sagt Ball. Sie will das ändern – im Auftrag Gottes. Darum sucht sie nicht nur Kontakt zur Feierszene, sondern geht auch ein Mal in der Woche ins Jugendgefängnis. “Knastis”, nennt sie die jungen Straftäter. Mit ihnen spricht Ball über ihre Taten. Versucht, sie zu überzeugen, dass man sein Leben ändern kann. Und versucht, ihnen auch nach ihrer Entlassung zu helfen.

Als Ball 2006 den Panter-Preis gewann, konnte sie den Preis nicht abholen kommen. Die Gesundheit spielte nicht mit. Zweieinhalb Jahre später ist sie wieder voll im Einsatz. So aktiv, dass sie sogar eines der Gesichter war, die das Familienministerium für ihre Kampagne “Alter schafft Neues” auf Plakatwände in ganz Deutschland kleben ließ. Auch der von ihr gegründete Verein “stoffwechsel e.V.” entwickelt sich prächtig: Inzwischen betreibt er vier Häuser in ganz Dresden, die zu festen Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche geworden sind. Und um noch mehr von ihnen zu erreichen, tourt jede Woche ein mobiles Kinderprogramm mit Clown durch Dresdens soziale Brennpunkte. Und Ball hat weitere ambitionierte Pläne für die Zukunft: Sie möchte gemeinsam mit Pharmakonzern-Sohn Tobias Merckle in der Nähe von Dresden ein Haus für junge Straftäter aufzubauen. Eine ähnliche Einrichtung in Süddeutschland gibt es bereits: Einen Ort, in dem sie an einem christlichen Rehabilitationsprogramm teilnehmen können statt in den Knast zu wandern.

Sabine Ball ist am 7.7.2009 im Alter von 83 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Sie war eine große Heldin des Alltags.