Party-Demo vor der iranischen Botschaft: Solidarität mit Instagram-Tänzerin

Die Iranerin Maedeh Hojabri geriet in Schwierigkeiten, weil sie Tanz-Videos auf Instagram hochlud. In Berlin wird Tanz zum Zeichen des Protests.

Zwei Frauen laufen durch das Zentrum von Teheran, Iran

Außer Haus sind Frauen im Iran zum Tragen eines Kopftuchs verpflichtet Foto: ap

BERLIN taz | Gut siebzig Menschen tanzen am Montagabend auf einem breiten Gehweg in Berlin-Dahlem. Ein DJ legt Elektro auf, Seifenblasen driften durch die Luft. Über den Tanzenden wippen Stäbe mit bunten Tüchern und Plakate mit der Aufschrift „Dance for Freedom in Iran“. Die Sonne scheint, die Stimmung ist entspannt. Gegenüber, auf der anderen Seite der breiten Podbielskiallee, steht verlassen die iranische Botschaft nach Dienstschluss.

Das Open Air ist eine Solidaritätskundgebung für die Jugendliche Maedeh Hojabri, die im Iran wegen ihrer Tanz-Videos festgenommen wurde. Wie Millionen junger Menschen rund um die Welt filmt sich Hojabri beim Tanzen und lädt die Videos bei Instagram hoch.

In einem Schlafzimmer tanzt die junge Frau mit kreisenden Hüften zu persischer und zu westlicher Popmusik. In ihren Videos trägt sie manchmal bauchfrei oder enganliegende Kleidung, die Haare trägt sie offen. Je nach Standpunkt ist das mutig oder äußerst provokant, denn außer Haus sind Frauen im Iran zum Tragen eines Kopftuchs verpflichtet. Öffentlich zu tanzen ist ihnen verboten.

Vor anderthalb Wochen strahlte das staatliche Fernsehen Aufnahmen aus, in denen drei junge Frauen für ihren Umgang mit Instagram an den Pranger gestellt werden, eine davon Hojabri. Die Befragung kommt einem öffentlichen Verhör gleich. Weinend beteuert die junge Frau, sie habe mit ihren Videos keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und niemanden zum Tanzen ermuntern wollen.

Erzwungenes Geständnis im Fernsehen

Der unfreiwillige TV-Auftritt brachte Maedeh Hojabri Öffentlichkeit – und statt der intendierten Bloßstellung viel Solidarität. Als Zeichen der Unterstützung und als Kritik an den rigiden Gesetzen traten viele Iraner*innen tanzend vor die Handykameras und teilten ihre Videos auf Twitter.

Auch über den Iran hinaus verbreitete sich die Botschaft von #DancingIsNotACrime auf Twitter und veranlasste Menschen zu Solidaritätsbotschaften und Kritik an der iranischen Politik. An mehreren Orten in verschiedenen Ländern fanden sich Menschen zum öffentlichen Tanzen zusammen.

Einer der Organisatoren ist Henning Flaskamp, Geschäftsführer einer Agentur für politische Kommunikation. Letzte Woche entwickelten er und einige Bekannte relativ spontan die Idee für die kleine Protestparty in der deutschen Hauptstadt. „Berlin ist eine tanzwütige Stadt, die sich für ihre Clubkultur rühmt. Diese Art von Protest kann hier gut funktionieren“, sagt er.

Genau eine Stunde lang, von halb sechs bis halb sieben, wird gegenüber der Botschaft getanzt und getwittert. Eine Stunde ist kurz für ein Open-Air – aber lang genug, um schöne Motive fürs Internet zu produzieren.

Die Iranerin Maedeh Hojabri ist längst schon wieder auf freiem Fuß. Ob es noch zu einem Prozess oder anderen Konsequenzen für die Instagrammerin kommen wird, ist unklar. Ihr zwischenzeitig blockierter Instagram-Account ist wieder aktiv und sie postet schon auch wieder Videos. Seit dem Beginn der Kontroverse sind ihre Followerzahlen von etwa 60.000 auf über 87.000 gestiegen.

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