Piratenentwurf zum Urheberrecht: Eckpunkte ahoi!

Die Berliner Piratenfraktion stellt ein Papier für eine Urheberrechtsreform vor. Darin finden sich vor allem zarte Anpassungswünsche.

Mit Eckpunkten und Beschlussvorlagen in den Mühen der Ebene angekommen: die Piraten. Bild: dpa

BERLIN taz | Dass die Piraten im vergangenen Jahr ins Berliner Abgeordnetenhaus gespült wurden, war eine Überraschung – nicht zuletzt für sie selber. Kaum jemand hätte von der Neufraktion einen wirklich großen Reformentwurf zum Urheberrecht erwartet. Wie zahm ihre aktuellen Vorstellungen in einem Eckpunktepapier (pdf) jedoch ausfallen, ist erstaunlich.

Statt größere Veränderungen zu fordern, geben sich die Berliner Piraten mit etwas Anpassung, etwas Lockerung und etwas mehr Genauigkeit in strittigen Passagen des Urheberrechts zufrieden. Von ihren schwedischen Gründungsahnen, die sich noch für eine weitgehende Abschaffung des Eigentums an Ideen und Werken einsetzten, ist bei ihnen nicht mehr viel zu finden.

So setzt sich die Berliner Piratenfraktion dafür ein, dass künftig auch einmal bezahlte digitale Werke veräußert werden können. Aber auch für sie gilt: „Das Recht zur Weitergabe unkörperlicher Vervielfältigungen des Werkes schließt nicht das Recht zur Bereitstellung über einen Online-Dienst ein.“ Was übersetzt heißt: auch die Abgeordnetenhauspiraten finden Filesharing geschützter und nicht hierfür freigegebener Werke nun falsch.

Den „Total Buyout“ verhindern

Offenbar will man die gesamte Debatte mit seinem Schminkset für das aktuelle Urheberrecht auf einmal abwürgen. So finden sich auch Vorschläge darin, die vielen Urhebern gefallen dürften: so soll die Einräumung von Verwertungsrechten für unbekannte Nutzungsarten wieder eingeschränkt werde.

Diese wurde erst vor wenigen Jahren im Urheberrecht eingeführt, weil mit der Digitalisierung plötzlich jede Menge neue Ideen wie der Vertrieb von Multimedia- oder Archiv-CDs, Podcasting oder eben die Onlineveröffentlichung hinzukamen, für die die Auftraggeber oft keine Rechte erworben hatten, was zu bürokratischem Chaos führte. Doch die Neuregelung führte auch zum sogenannten „Total Buyout“, also dem Abtreten aller veräußerbaren Rechte an die Auftraggeber – oft ohne adäquate Entlohnung.

ist Autor der taz und Mitglied im Verein Digitale Gesellschaft. Sein Buch „Die digitale Gesellschaft: Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage“ ist im Juni 2012 erschienen.

Ein bisschen mehr Transparenz hier, ein bisschen mehr Nutzerrecht da, ein bisschen was für die Werkschaffenden: ein buntes Sammelsurium, das sich am existierenden Rechtsrahmen orientiert.

Andere Parteien haben sich beim Urheberrecht zwar offiziell reformfreudiger gezeigt, aber unter der Decke streiten sich auch die Grünen – zuletzt am vergangenen Wochenende zwei Tage lang in Berlin. Bei der SPD sind die Fronten schon innerhalb der Mediengewerkschaftsflügel verhärtet. Und selbst in der CDU ist die Marschrichtung für die Zukunft des Urheberrechts derzeit unklar.

Ist das Eckpunktepapier der Abgeordnetenhausfraktion-Piraten nun ein großer Wurf? Wäre er von der SPD gewesen, hätte man dies wohl bejahen können. Doch für eine Partei, die sich speziell den Anliegen der digitalen Generation verschrieben hatte, erscheint er recht trocken geraten.

Auf Twitter wird seitdem heiß diskutiert. Die einen sagen, von ihm gehe das Signal aus: Schaut, wir sind so seriös geworden, wir können jetzt mit allen. Und damit vielleicht am Ende wieder mit niemandem. Und die anderen sehen es als richtig an, erst einmal mit kleinen Veränderungsschritten im Rahmen des derzeit machbaren in die richtige Richtung zu laufen. Während wieder andere sich enttäuscht zeigen: die Revolution sei per Ordre de Mufti abgeblasen worden. Ob die Gesamtpartei aber eine ähnliche Richtung einschlagen wird wie die Berliner Fraktion, steht in den Sternen.

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