Pläne zum Ende der Coronamaßnahmen: Die Zeit ist reif

Die Lockerungspläne von Bund und Ländern wirken auf den ersten Blick gewagt. Aber sie sind richtig – zumal einige Maßnahmen ohnehin kaum mehr sinnvoll sind.

Menschen in einer Einkaufsstraße.

Bald wieder möglich: Shopping ohne 2G – hier die Szene einer Einkaufsstraße in Münster Foto: Rüdiger Wölk/imago

Auf den ersten Blick sieht es nach einem gewagten Vorhaben aus: Auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle, zu einem Zeitpunkt, an dem etwa jeder zwanzigste Deutsche mit dem Coronavirus infiziert ist, planen Bund und Länder die Abschaffung wesentlicher Schutzmaßnahmen: Bis zum 20. März sollen schrittweise Kontaktbeschränkungen, Zugangskontrollen im Einzelhandel und Zuschauerlimits bei Großveranstaltungen gelockert werden, so sieht es ein Beschlussentwurf für den Bund-Länder-Gipfel am Mittwoch vor.

Bei vielen, die die Bedrohung durch das Virus bisher sehr ernst genommen haben, dürfte diese Ankündigung angesichts der unklaren weiteren Entwicklung für Unverständnis sorgen. Doch wie so oft lohnt ein genauerer Blick. Und der lässt die Pläne durchaus nachvollziehbar erscheinen. Zum einen sind – unter anderem durch die Impfungen – trotz der Rekordinzidenzen die Zahlen von Hospitalisierungen und Corona­toten niedrig geblieben.

Zum anderen mehren sich derzeit die Zeichen, dass die Omikron-Welle ihren Höhepunkt bereits überschritten hat – ziemlich genau zum prognostizierten Zeitpunkt. Für die nächsten Wochen ist darum mit einer deutlichen Entspannung der Lage zu rechnen. Umgesetzt werden dürfen die Öffnungsschritte natürlich nur, wenn diese Erwartung eintritt – aber das ist im Beschlussentwurf auch so vorgesehen.

Zudem erscheinen jene Maßnahmen, die Bund und Länder als Erstes aufheben wollen, ohnehin zweifelhaft. Dass private Kontakte auch unter vollständig Geimpften nach wie vor auf zehn Personen beschränkt sind, dürfte kaum jemandem bekannt sein. Eine Abschaffung dieser Regel, die zudem überhaupt nicht überprüft wird, ändert in der Praxis also kaum etwas.

2G schützt kaum

Auch die 2G-Regel im Einzelhandel, die den Zugang zu vielen Geschäften auf Geimpfte und Genesene beschränkt, scheint überholt, seit klar ist, dass die Impfung bei Omikron zwar weiterhin gut gegen schwere Verläufe schützt, aber sehr viel weniger gegen die Infektion selbst. Dass 2G kaum zusätzlichen Schutz bietet, zeigt sich auch daran, dass in den Bundesländern, wo die Regel früh wieder gekippt wurde, die Entwicklung der Fallzahlen nicht schlechter war als anderswo.

Sinnvoll ist es dagegen, zunächst an der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen festzuhalten, denn zumindest gute Masken bieten weiterhin Schutz vor einer Ansteckung. Wer sich darüber hinaus durch eine Reduzierung seiner Kontakte noch stärker schützen will, kann das auch in Zukunft in vielen Bereichen tun. Einen Grund, das für alle vorzuschreiben, gibt es aber hoffentlich bald nicht mehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.