Plagiatsaffäre um Ministerin Schavan: „Einfach abgeschrieben“

Bundesbildungsministerin Annette Schavan steht unter Plagiatsverdacht. Ein Blogger hat ihre Doktorarbeit geprüft und meint: Die Ministerin hat abgeschrieben.

Die Ministerin hat betrogen – auf mindestens 92 Seiten. Da ist sich der Plagiatsjäger Robert Schmidt sicher. Bild: dapd

taz: Herr Schmidt, Sie sprechen von 92 Seiten mit mutmaßlichen Plagiaten in der Dissertation von Annette Schavan. Was genau haben Sie gefunden?

Robert Schmidt: Frau Schavan hat zum Beispiel drei Quellen nicht angegeben, die sie nachweisbar in ihrer Arbeit verwendet hat. Pikanterweise musste sie aber sinngemäß nach der damals gültigen Promotionsordnung eidesstattlich versichern, dass sie alle verwendeten Quellen genannt hat. Außerdem gibt es jede Menge Übernahmen aus der Sekundärliteratur, die sie nicht als Paraphrasen gekennzeichnet hat.

Der Leser geht in solchen Fällen davon aus, dass die entsprechenden Gedanken von Frau Schavan stammen. Schließlich hat sie in etlichen Fällen fehlerhafte Zitate oder Quellenangaben aus der Sekundärliteratur einfach abgeschrieben und diese Rechercheleistungen damit als eigene ausgegeben. Wegen übereinstimmender Fehler lässt sich das sehr gut nachvollziehen.

Wie bewerten Sie die gefundenen Stellen im Vergleich zum Guttenberg-Plagiatsskandal im vergangenen Jahr?

Die Stellen sind in der Regel weniger umfangreich als bei zu Guttenberg. Zu Guttenberg hat relativ großflächig abgeschrieben, Frau Schavan immer wieder punktuell.

Unter schavanplag.wordpress.com hat Schmidt alle Stellen, die er des Plagiats verdächtigt, veröffentlicht.

Wie haben Sie diese punktuellen Übernahmen denn gefunden?

Ich habe mir die Titel der angegebenen Literatur, die ich als mögliche Quellen eingeschätzt habe, besorgt, digitalisiert und dann mithilfe spezieller Software mit der Arbeit von Frau Schavan verglichen. Zusätzlich habe ich verdächtig erscheinende Stellen, die sich so nicht finden ließen, gegoogelt. Auch Literatur, die thematisch zur Arbeit passt, aber nicht in der Arbeit erwähnt wird, habe ich mir besorgt.

Der Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf, bei dem Schavan ihre Arbeit im Jahr 1980 einreichte, prüft bereits die Vorwürfe. Warum haben Sie sich zusätzlich diese Mühe gemacht?

Erst einmal musste ich ja eine halbwegs überzeugende Vorarbeit leisten, damit der Ausschuss den Fall überhaupt untersucht. Und da ich mir nicht sicher bin, ob jetzt auch intensiv nach möglichen nicht angegebenen Quellen gesucht wird, habe ich in der letzten Zeit in diese Richtung geforscht.

Robert Schmidt ist nicht ihre echte Identität. Warum wollen Sie anonym bleiben?

Erstens ist es völlig unwichtig, wer diese Vorwürfe erhebt, solange die Textvergleiche richtig wiedergegeben werden und nichts erfunden wird. Zweitens möchte ich in Zukunft nicht primär als derjenige wahrgenommen werden, der den Fall Schavan ins Rollen gebracht hat.

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