Pöbelnder EU-Kommissar: Günther-Gate belastet Juncker

Die „Schlitzaugen“-Causa von Kommissar Oettinger wird zum Problem für den EU-Kommissionschef. Merkel spricht ihrem Parteikollegen Vertrauen aus.

Der CDU-Politiker Günther Oettinger

Des isch d' Günder, dr noie Haushaldskommissar Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Wenige Tage nach seiner überraschenden Nominierung zum Haushaltskommissar wird Günther Oettinger (CDU) zur Belastung für die Brüsseler EU-Behörde und ihren Chef, Jean-Claude Juncker. Denn Oettingers „saloppe“ Bemerkungen zu Chinesen, Homosexuellen und Wallonen haben ein peinliches Nachspiel.

Fast eine Stunde lange musste sich Junckers Sprecher Margaritis Schinas am Montag bohrenden Fragen von Journalisten stellen, die auf Oettingers umstrittene Äußerungen abzielten. Es war das erste Mal in Junckers zweijähriger Amtszeit, dass er derart ins Kreuzfeuer geriet.

Bei einem Vortrag in Hamburg hatte Oettinger mit Blick auf die wirtschaftliche Konkurrenz aus China von „Schlitzohren und Schlitzaugen“ gesprochen. Zudem hatte er sich über eine angeblich geplante „Pflicht-Homo-Ehe“ lustig gemacht und behauptet, die belgische Region Wallonien werde von Kommunisten regiert.

Rassistisch, homophob und eines Kommissars unwürdig, empfanden viele Korrespondenten. Ob Juncker von Oettinger eine Entschuldigung gefordert habe, wollten die Journalisten wissen. Doch Schinas wiegelte ab. Oettinger habe doch alles klargestellt. Per Interview hatte dieser die Vorwürfe zurückgewiesen.

Für Juncker sei der Fall damit erledigt, erklärte sein Sprecher. Für das EU-Parlament allerdings noch nicht. Dort muss Oettinger noch eine Anhörung über sich ergehen lassen, die klären soll, ob er für sein neues Amt geeignet ist. Danach soll auch eine Abstimmung stattfinden. Und die könnte zum Debakel werden.

73 Prozent der Abgeordneten sprechen sich für eine Entlassung Oettingers aus

Denn nach einer – nicht repräsentativen – Umfrage des Brüsseler Online-Magazins Politic“ sprechen sich 73 Prozent der Abgeordneten für eine Entlassung des deutschen Kommissars aus. Die könnte zwar nur Juncker durchsetzen – nur der Kommissionschef hat das Recht, Kommissare zu nominieren und zu feuern. Doch wenn er darauf verzichtet, wird das Oettinger- zum Juncker-Problem.

Längst ist der Luxemburger in Bedrängnis. Er kann nämlich nicht erklären, warum er Oettinger im Eilverfahren vom Digital- zum Haushaltskommissar befördert hat. Amtsinhaberin Kristalina Georgiewa wechselt erst Anfang 2017 zur Weltbank. Juncker hätte also noch genug Zeit gehabt, mit Oettinger zu sprechen oder einen anderen Nachfolger zu suchen.

Doch offenbar stand er unter Druck. In Brüssel wird vermutet, dass Juncker mit seiner Eilentscheidung vor allem seinen Kabinettschef Martin Selmayr schützen wollte, der Georgiewa das Leben schwergemacht haben soll. Außerdem steht Juncker unter Druck aus Berlin, in der Budgetpolitik weniger „politisch“ und mehr in deutschem Sinne zu entscheiden.

So oder so will Juncker an Oettinger festhalten. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter ihn: Sie habe „selbstverständlich“ volles Vertrauen in Oettinger, ließ sie ihren Sprecher in Berlin erklären. Allerdings: Schon einige Politiker mussten gehen, nachdem Merkel ihnen das Vertrauen ausgesprochen hatte.

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