Polizeiwache in Leipzig attackiert: 50 vermummte Angreifer

In Leipzig wurde eine Polizeiwache angegriffen. Grund scheint der Todestag Oury Jallohs zu sein. Er verbrannte vor 10 Jahren in einer Dessauer Zelle.

Die Polizeiwache wurde mit Steinen, Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern angegriffen Bild: dpa

LEIPZIG afp/dpa | Mehrere Dutzend Täter haben am Mittwochabend eine Polizeiwache in Leipzig angegriffen. Bis zu 50 vermummten Menschen hätten die Fensterscheiben der mit zwei Beamten besetzten Außenstelle im Stadtteil Connewitz mit Steinen, Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern beworfen, teilte die Polizei in der sächsischen Stadt am Donnerstag mit. Außerdem warfen sie einen Brandsatz in einen auf dem Hinterhof abgestellten Streifenwagen.

Den Angaben zufolge hielt das in der Fenstern verbaute Sicherheitsglas stand, die beiden 35- und 43-jährigen Beamten in der Wache blieben unverletzt. Es sei jedoch erheblicher Sachschaden entstanden. Nach der nur etwa 30 Sekunden dauernden Attacke seien die Täter geflüchtet, wobei sie auf umliegenden Straßen sogenannte Krähenfüße verstreut hätten, teilten die Ermittler mit. Ziel sei es gewesen, die Reifen von Polizeiwagen zu beschädigen.

Der Polizei zufolge handelte es sich um eine politisch motivierte Tat. Im Laufe der Nacht sei im Internet ein anonymes Bekennerschreiben veröffentlicht worden, in dem die Täter ihre Attacke auf die Wache mit dem zehnten Todestag des Asylbewerbers Oury Jalloh begründet hätten.

Jalloh war 2005 in der Zelle eines Polizeireviers in Dessau in Sachsen-Anhalt ums Leben gekommen, nachdem seine Matratze in Brand geraten war. Der Sachverhalt wurde in mehreren Prozessen bis zum Bundesgerichtshof aufgearbeitet, wobei Richter stets zu der Einschätzung kamen, Jalloh habe die Matratze selbst angezündet. Das wird von seinen Angehörigen, Flüchtlingsorganisationen und innerhalb der linksalternativen Szene aber bezweifelt.

Wache bleibt geöffnet

Jalloh soll die Matratze angezündet haben, obwohl er gefesselt und betrunken war. Er soll mit einem Feuerzeug gezündelt haben, das bei der Festnahme übersehen wurde und auch am Tatort erst vier Tage nach dem Brand gefunden wurde. Erst eine zweite Obduktion ergab, dass Jalloh eine gebrochene Nase und andere Kopfverletzungen aufwies.

Die Leipziger Polizei nahm nach dem Vorfall in Connewitz Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs auf. Sie lasse sich von dem Angriff „nicht beeindrucken“, erklärte die örtliche Polizeidirektion. Die Wache bleibe geöffnet.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) verurteilte die Attacke am Donnerstag und bezeichnete sie als „nicht hinnehmbar“. Der Rechtsstaat werde alles unternehmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, erklärte er.

Rund 700 Menschen waren zuvor am Mittwoch zum zehnten Todestag des Asylbewerbers Oury Jalloh in Dessau-Roßlau auf die Straße gegangen. „Wir fordern eine vollständige Aufklärung des Falls“, sagte ein Sprecher der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ in Dessau-Roßlau.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.