Präsidentschaftswahl in Frankreich: Politische Akrobatik in Paris

Der konservative Amtsinhaber Sarkozy und sein sozialistischer Herausforderer Hollande üben sich im Spagat zwischen rechts und links

Die Kandidaten vollführen Akrobatik, um den Wählern zu gefallen. Bild: reuters

PARIS taz | Natürlich konnte das Marine Le Pen, die Kandidatin des rechten Front National (FN), so nicht zugeben: Eigentlich wollte sie bei diesen Präsidentschaftswahlen nicht unbedingt in die Stichwahl kommen. Ihrem Vater Jean-Marie Le Pen war das vor zehn Jahren zwar noch gelungen. Tochter Marine aber setzt vor allem auf eine Niederlage des bisherigen Präsidenten Nicolas Sarkozy und – wenn möglich – ein anschließendes Debakel der rechten Regierungspartei UMP bei den Parlamentswahlen im Juni.

Ihr Kalkül: Von der dann anstehenden Neuorganisation im rechten Lager könnte der Front National nur profitieren. Bei ihrem letzten Auftritt vor dem ersten Wahlgang am Sonntag sagte die Kandidatin, es sei „nutzlos“, einem Verlierer die Stimme zu geben. Wen sie damit meinte, war klar. Für die Stichwahl kann Sarkozy nicht auf Schützenhilfe von Marine Le Pen rechnen.

Der Präsident ist jetzt aber mehr denn je auch auf die Stimmen von ganz rechts angewiesen. 2007 war es ihm von Beginn an gelungen, ganze Teile der bisherigen Wählerschaft des fremdenfeindlichen Front National (FN) auf seine Seite zu ziehen und so die Präsidentenwahl zu gewinnen.

Rechtspopulistisch gefärbte Rhetorik

Jetzt versuchte Sarkozy noch mehr als 2007 – und vor allem nach den schockierenden Attentaten des islamistischen Terroristen Merah in Toulouse – mit einer rechtspopulistisch gefärbten Rhetorik das Wasser von der Mühle des FN zu sich zu leiten. Zweimal klappt derselbe Trick nicht. Manche Wähler, die sich vor fünf Jahren von Sarkozy haben einnehmen lassen, sind enttäuscht zum FN zurückgekehrt.

Da Sarkozy für die zweite Runde aber auch noch Stimmen aus dem bürgerlichen Zentrum von François Bayrou fehlen, wird die Kampagne der zweiten Runde zu einem politischen Spagat.

Auf der anderen Seite gerät der Sozialist François Hollande unter Druck von links. Es ist zwar abzusehen, dass die Grünen mit Eva Joly ebenso wie die Linksfront, die mit dem charismatischen Jean-Luc Mélenchon angetreten war, dem Vertreter der Linken ihre Unterstützung zusichern. Ganz umsonst gibt es aber die Wahlhilfe auch nicht: Hinter den Kulissen wird schon um eine Verteilung der politischen Siegesbeute gefeilscht.

Die Grünen haben im Voraus ein sehr vorteilhaftes Abkommen mit den Sozialisten für die Abgeordnetenwahl ausgehandelt, sie verlangen auch Ministerposten in einer zukünftigen Linksregierung.

„Nicht kompatibel“

Mélenchon von der Linksfront dagegen hat gesagt, sein Programm sei „nicht kompatibel“ mit Hollandes Linie. Er schließt – im Unterschied zu seinen kommunistischen Partnern innerhalb der Linksfront – eine Regierungsbeteiligung aus. Die antikapitalistische Dynamik seiner Kampagne könnte sich jedoch bald auf der Straße in eine Bewegung gegen die Fortsetzung ultraliberaler Sparmaßnahmen verwandeln.

Hollande hat gefordert, die Haushaltsdisziplin im europäischen Fiskalpakt durch glaubwürdige Initiativen zu ergänzen, um das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln. Das reicht seinen zukünftigen linken Partnern aber nicht aus: Mélenchon und die Kommunisten haben den EU-Verfassungsentwurf in einer Abstimmung verworfen. Sie lehnen den Kompromiss des Vertrags von Lissabon als Missachtung des französischen Volkswillens bis heute ab.

In diesem Punkt ist die radikale Linke sogar mit der nationalistischen extremen Rechten einer Meinung gegen die Haltung von Amtsinhaber Sarkozy und seinem aussichtsreichsten Rivalen Hollande. An der Fähigkeit, sich den Pressionen der „Extremen“ zu widersetzen, wird das Format des künftigen Präsidenten gemessen werden.

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