Praktikum für liquide Studenten: Wer arbeiten will, der zahlt 170 Euro

Die britische Zeitungsgruppe „Newsquest“ verlangt für Studentenpraktika neuerdings Geld. Das Modell läuft dem Arbeitsrecht zuwider.

Na, Bock auf Ausbeutung? You're welcome! Bild: getwhatyoucan / photocase.de

LONDON taz | Die drittgrößte Zeitungsgruppe Großbritanniens hat vor Kurzem beschlossen, Studenten, die dort Arbeitserfahrung sammeln möchten, für dieses Privileg zur Kasse zu bitten. Statt eines Honorars für gelungene Berichte und Fotos wird sich die Zeitungsgruppe Newsquest von Studenten und Uni in Zukunft mit umgerechnet 170 Euro bezahlen lassen. Studenten dieses Praktikantenmodells können dann einen Bericht pro Monat abliefern und bekommen nach einem Jahr eine Empfehlung.

Die britische Studentenvertretung National Union of Students (NUJ) war davon keineswegs begeistert. In einer Erklärung dazu sagte die NUJ-Generalsekretärin Michelle Stanistreet, dass es unglaublich sei, was geschehe. „Hier werden junge Menschen zynisch ausgebeutet, weil sie verzweifelt versuchen, in einer sehr wettbewerbsträchtigen Branche voranzukommen.“

Das Modell läuft entgegen jeglicher Arbeitstradition sowie dem Arbeitsrecht. Praktikanten in Großbritannien haben Anrecht auf Mindestlohn. In Ausnahmefällen kann ein Arbeitgeber jedoch davon befreit werden, dieses Schlupfloch scheint Newsquest mit dem Publikationsvertrag für Studenten gefunden zu haben.

Traditionell galt in Großbritannien, dass Journalismus von unten gelernt wird. Man fing also in jungen Jahren an, für ein Lokalblatt zu arbeiten, und raffte sich nach oben. Studenten konnten dies bei der Unizeitung tun. Erst seit etwa den späten 80er Jahren gibt es Journalismus auch als akademisches Fach. In der Folge verpflichteten sich Zeitungen bestimmten Universitäten gegenüber, Studenten bei sich aufzunehmen. Dafür musste bisher nichts gezahlt werden, denn das Arrangement half beiden Seiten. Die neue Regelung nutzt dagegen nur der Zeitung – und ein paar liquiden Studenten.

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