Premiere im Berliner Abgeordnetenhaus: Alle Augen auf die AfD

Das Berliner Abgeordnetenhaus tagt nach der Wahl im September zum ersten Mal. Ganz rechtsaußen sitzen nun die 24 Abgeordneten der AfD.

AfD-Abgeordnete heben die Hand

Die AfD-Abgeordneten Ronald Gläser, Georg Pazderski und Frank-Christian Hansel im Parlament Foto: dpa

BERLIN taz | Kanan Bayram. Derya Kakla. Mario Tschasa. Man muss sich sehr konzentrieren, um zu verstehen, wen der AfD-Abgeordnete Marc Vallendar da aufruft. Weil der 1986 geborene Vallendar der fünftjüngste Abgeordnete im neuen Parlament ist, kommt ihm die Aufgabe zu, die Namen der Abgeordneten für die Wahl des Parlamentspräsidenten zu verlesen, die vier jüngsten Abgeordneten sitzen bereits im temporären Präsidium.

Ist es eine Spitze, dass Vallendar insbesondere die nicht deutsch klingenden Namen von PolitikerInnen wie Canan Bayram, Derya Çağlar und Mario Czaja falsch ausspricht? Fairerweise muss man sagen, dass er auch über Namen aus seiner eigenen Fraktion stolpert – vielleicht ist er also auch einfach nur schlecht vorbereitet.

Die Sache mit den Namen erregt Aufmerksamkeit, genauso wie die Tatsache, dass einige AfD-Abgeordnete mit einem zackigen „Jawohl!“ statt einem einfachen Ja auf das Aufrufen ihres Namens antworten, dass der Abgeordnete und AfD-Pressesprecher Ronald Gläser den größten Teil der Sitzung betont lässig auf seinem Handy herumsurft oder dass der nach bekanntwerden seiner rechtsextremen Vergangenheit aus der Fraktion ausgeschlossene Kay Nerstheimer beim fröhlichen Plaudern mit AfD-Abgeordneten gesichtet wird.

Das zeigt auch, unter welch enger Beobachtung die AfD bei ihrem ersten Auftritt im Abgeordnetenhaus steht. Die größte Traube aus Kameras und Mikrofonen bildet sich vor Beginn der Sitzung um den AfD-Vorsitzenden Georg Pazderski, der sich sogleich alle Mühe gibt, dem Medieninteresse mit einem spannungsgeladenen Satz zu begegnen: „Wir gehen jetzt da rein, und dann schauen wir mal, was passieren wird“, sagt er. Ganz so als läge es im Bereich des Möglichen, dass ein blaues Einhorn durch den Plenarsaal galoppiert, wenn die AfD dort zum ersten Mal Platz nimmt.

Was dann wirklich passiert, ist hingegen eher erwartbar: Die AfD stellt einen Änderungsantrag zur Geschäftsordnung, den ebenfalls der Jurist Vallendar erläutern darf. Es geht um einen Abschnitt, der es den Oppositionsfraktionen leichter machen soll, Anliegen auf die Tagesordnungen der Ausschüsse zu setzen.

Der AfD geht das nicht weit genug, Vallendar spricht von einem „Scheinminderheitenrecht“. Dafür gibt es mildes Gelächter, alle anderen Fraktionen lehnen den Antrag ab, die AfD stimmt dafür anschließend als einzige gegen die Geschäftsführung. Willkommen im neuen Abgeordnetenhaus.

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