Privatisierungsfolgen: EWE will Bremer SWB-AG abwickeln

Der Senat hat seine Stadtwerke verkauft - nun geraten sie wegen der Konzernmutter EWE in die Krise. So oder so wird die EWE-Sanierung Arbeitsplätze kosten.

Wirtschaftssenator Martin Günthner stellt sich solidarisch links neben SWB-Betriebsrat Peter Marrek. Bild: kawe

"Zielmodell 15plus" heißt das Konzept, "ich habe es vor wenigen Tagen vorgestellt bekommen", sagt der Betriebsratsvorsitzende der SWB AG, Peter Marrek. Das Ziel: Die SWB AG, die Holding der SWB, soll "wegfallen", wie es offiziell heißt, die EWE will ihre Geschäftsbereiche direkt aus Oldenburg steuern. Damit würde das Land Bremen nicht nur rund 20 Millionen Euro Steuereinnahmen im Jahr verlieren - im Jahre 2010 wies die SWB AG über 60 Millionen Euro Gewinn aus -, sondern auch "mehrere hundert Arbeitsplätze", so Betriebsrat Marrek.

Die Hürde für eine Verschmelzung: Als die Stadt Bremen im Jahr 2009 der EWE - damals galt sie als "starker regionaler Partner" - die bis dahin von der Essent gehaltenen Anteile überschrieb, hat sich der Senat in einem "Konsortialvertrag" zusichern lassen, dass die SWB AG als Firmenstandort für Bremen erhalten bleibt. Ohne die Zustimmung des Bremer Senats läuft "15plus" also nicht. Schon bevor mit dem Bremer Senat überhaupt über die Details gesprochen wurde, hat die EWE ein Argumentationspapier verbreitet, aus dem hervorgeht, was passiert, wenn der Bremer Senat nicht mitspielt: Die "15plus"-Ziele könnten auch dann durchgesetzt werden, wenn aufgrund der geltenden Verträge die Bremer SWB-Holding nur "in Form einer virtuellen Struktur" erhalten bliebe.

Gestern Vormittag waren rund 50 SWB-Mitarbeiter mit ihrem Betriebsratsvorsitzenden zum Bremer Rathaus demonstriert. Da Bürgermeister Jens Böhrnsen erkrankt war, empfing Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) die Delegation allein. Im Anschluss daran erklärte Günthner: "Verträge sind einzuhalten." Die EWE könne die Probleme, vor denen sie stehe, nicht "mit dem Kopf durch die Wand" lösen. Der Bremer Senat stehe an der Seite der Arbeitskräfte und wolle das Unternehmen SWB für Bremen erhalten, sei aber zu Gesprächen bereit.

Die Versuche Bremens, bei der 2013 in Bremerhaven und 2014 in Bremen anstehenden Neuvergabe des Netzbetriebs 25 Prozent der Anteile in der kommunalen Verfügung zu behalten, könnten durch die Schwierigkeiten der EWE hinfällig werden. In einem Gutachten gehen die Experten der Kanzlei Müffelmann und Theye davon aus, dass die EWE ein Sonderkündigungsrecht für die Konsortialverträge hätte, wenn sie die Verfügung über die Netze verliert. Juristisch ist das Thema allerdings umstritten.

Ein Sprecher des Senats machte deutlich, dass der Erhalt der Arbeitsplätze und des Firmenstandortes für Bremen natürlich wichtiger sei als die partielle Verfügung über die Netz-Anteile.

Während die SWB AG trotz ihres Engagements bei den Bielefelder Stadtwerken, an denen das AKW Grohnde hängt, finanziell gesund dasteht, drückt ein Milliarden schwerer Schuldenberg die EWE. Die Expansion des Unternehmens - nicht nur der Einkauf der SWB, auch die Anteilsübernahme der Verbundnetz Gas AG und auch ein Türkei-Geschäft, brachten mehr Belastung als Deckungsbeiträge. Schließlich musste die EWE an ihren Gaskunden deutlich mehr Geld zurückzahlen als geplant. Offenbar hatte der Konzern vorgehabt, mit überhöhten Gaspreisen seine Expansion zu finanzieren.

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