Probleme bei Leihsystem Stadtrad: Fast alle Räder stehen still

Der größte Teil der roten Leihräder ist weiterhin defekt. Wann die Flotte wieder einsetzbar ist, ist noch unklar. Betreibervertrag mit der Bahn wird neu ausgeschrieben.

Stadträder in der Reparaturwerkstatt der Deutschen Bahn.

Im Moment eher die Regel als die Ausnahme: Stadträder in der Reparaturwerkstatt Foto: dpa

HAMBURG taz | Das kann noch lange dauern. Nur gut ein Viertel der roten Stadträder in Hamburg ist auf absehbare Zeit einsetzbar. Das räumt die Deutsche Bahn, Betreiber der Leihrad-Flotte, jetzt ein. Von den knapp 2.500 Rädern seien 1.750 zur Reparatur eingelagert, nur gut 700 Fahrräder stehen den Kunden derzeit tatsächlich zur Verfügung. Darüber hinaus „können aktuell jedoch leider noch keine verlässlichen Auskünfte darüber gegeben werden, wann die Räder wieder vollständig einsatzbereit sind“, heißt es in einer Pressemitteilung der Bahn vom Wochenende.

Am vorvorigen Freitag hatte die Bahn bekanntgegeben, dass der größte Teil der roten Leihräder aus dem Verkehr gezogen werde und repariert werden müsse. Der Grund seien schadhafte Tretlager aus dem Baujahr 2016, erklärte Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. „Die Tretlager erreichen nicht die erwartete Lebensdauer, was im Zweifel zu einem Bruch der Achse der Tretlager führen kann“, so Meyer-Lovis. Dem Unternehmen seien von Technikern und Kunden „vereinzelte Brüche der Tretlager“ gemeldet worden, zu Unfällen sei es jedoch nicht gekommen.

Fast drei Viertel aller Räder sind betroffen

Weil das schadhafte Lager nicht nur im Werk, sondern auch vor Ort als Ersatzteil verbaut wurde, sind fast drei Viertel aller Räder betroffen. Der deutsche Hersteller der Tretlager habe die Bahn darüber informiert, dass eine erhöhte Bruchgefahr bestehe und empfohlen, die betroffenen Räder aus dem Verkehr zu ziehen. Die Ursache für das fehlerhafte Einzelteil ist weiterhin unklar.

Die roten Stadträder gibt es in Hamburg seit dem 10. Juli 2009. Initiiert wurde das Leihfahrrad-Projekt von den Grünen in der schwarz-grünen Koalition.

Über drei Millionen Fahrten wurden 2016gezählt. Derzeit gibt es rund 420.000 registrierte Kunden.

Über 14 Millionen Fahrten gab es seit dem Start, jedes Stadtrad legt im Jahr durchschnittlich rund 10.000 Kilometer zurück.

2.450 Leihräder sind zurzeit im Dienst – wenn alle funktionieren.

Mehr als 210 Leihstationen gibt es derzeit in Hamburg, vor allem an U- und S-Bahnhöfen

Die Herstellerfirma hat nach Auskunft der Bahn das Recht, bis zum 15. September einen Plan zur Nachrüstung vorzulegen. Bis zur tatsächlichen Reparatur kann es also noch eine ganze Weile dauern. Unklar ist derzeit die Frage der Garantieleistungen für die Wiederinstandsetzung der Räder sowie der Haftung für den Einnahmeausfall.

Parallel arbeite die Bahn mit Hochdruck an einer alternativen Beschaffung von Ersatzteilen in der gewünschten Qualität, dazu würden erste Gespräche mit anderen Herstellern geführt. „Es gibt hier bereits erste positive Signale“, so Meyer-Lovis.

Erfolgreichstes Leihsystem Europas

Das 2009 eingeführte Stadtrad hat sich 2016 mit mehr als drei Millionen Ausleihen zum erfolgreichsten Fahrradleihsystem Europas entwickelt und wurde zum Vorbild für ähnliche Einrichtungen in mehr als 100 großen europäischen Städten.

2018 endet jedoch der Betreibervertrag mit der Deutschen Bahn, weshalb es noch in diesem Jahr eine neue Ausschreibung geben muss. Inwieweit die jetzige flächendeckende Panne bei der Auswahl des nächsten Betreibers eine Rolle spielen wird, ist derzeit noch offen. Verkehrspolitiker der rot-grünen Koalition hatten sich bereits im vorigen Jahr dafür ausgesprochen, die Stadtradflotte mit dem nächsten Betreiber um Pedelecs, Lastenräder und Räder mit Kindersitzen zu erweitern.

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