Prognose zur US-Präsidentschaftswahl: Der Blick in die Glaskugel

Viele Wählergruppen neigen dazu, Clinton zu wählen. Doch gehen sie auch an die Urnen? Warum es so schwer ist, das Wahlergebnis vorherzusehen.

Eine Frau sitzt vor einem Tisch, auf dem ein Rabe sitzt, eine Glaskugel, Karten und Würfel liegen

Was sagt der Blick in die Zukunft? Foto: imago/Peter Widmann

WASHINGTON taz | Hätten nur die amerikanischen Frauen die Entscheidung in ihren Händen. Dann wäre längst klar, wer am 20. Januar 2017 ins Weiße Haus einzieht. Mit einem historisch einmaligen Vorsprung von 33 Prozent führt hier Hillary Clinton vor Donald Trump. Die Farmer wiederum stehen weitgehend geschlossen hinter Donald Trump.

An Zahlenmaterial mangelt es kaum. Aber wer am Dienstag wirklich als Sieger die Nacht beendet, darauf wollen sich die profiliertesten Analysten nicht festlegen. Die Unwägbarkeit ist das große Kennzeichen der US-Präsidentschaftswahlen 2016. Bei den Wahlen 2008 hatte Nate Silver den Sieger in 49 der 50 Bundesstaaten korrekt vorausgesagt, 2012 gelang ihm das in allen. Seitdem gilt der Statistiker mit seinem Blog FiveThirtyEight als Prophet unter den US-amerikanischen Wahlforschern.

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Am Sonntag hat Nate Silver nun eine 64-prozentige Chance dafür prognostiziert, dass Hillary Clinton die Wahlen gewinnt. 2:1 für Hillary. Das klingt besser, als es ist. Nach einer großen Zahl von Rechenmöglichkeiten, die Silver darlegt, führt Clinton mit knappen 3 Prozent in der Gesamtschau aller Umfragen. Drei Prozentpunkte liegen noch im Bereich der statistischen Fehlertoleranz. Obamas Sieg fiel im Jahr 2012 drei Prozentpunkte höher aus, als die Zahlen vorhergesagt hatten. Und angesichts der vielen Wählerinnen und Wähler, die sich als noch unentschieden bezeichnen, gibt selbst einer wie Nate Silver in diesem Jahr kein eindeutiges Votum ab.

Die Frage ist: Haben mehr US-Amerikaner vor, für Donald Trump zu stimmen, als es die Umfragen widerspiegeln? Zwei Statistikexperten, der Ökonom Stuart Gabriel und der Big-Data-Forscher Seth Stephens-Davidowitz, haben für die New York Times eine zusätzliche Plattform zur Abschätzung des Wahlausgangs ausgewertet: Suchanfragen bei Google. In normalen Zeiten schließen Experten von der reinen Anzahl der Suchanfragen zu einem Kandidaten auf den Sieger der Wahl. Es gewinnt der, den die meisten Leute googeln. „Sie googeln dich, also wählen sie dich“, das Motiv habe bei George W. Bush und den letzten beiden Obama-Wahlen zugetroffen. Ginge es danach, dann stünde es jetzt gerade 2:1 für Donald Trump.

Hispanoamerikanische Community wichtig für Clinton

Die Forscher haben jedoch zwei spezifische Indikatoren ausgemacht, die möglicherweise mehr über den Wahlausgang erzählen können. Das eine ist die Suchanfrage „Wie wähle ich?“ (How to vote). In der Gegend, in der diese Frage häufig gestellt wurde, war in der Vergangenheit auch die Wahlbeteiligung hoch. In den USA ist die Information darüber, wer wählen geht, wichtiger als in Deutschland.

Die Gesellschaft ist sehr in ethnische, kulturelle und soziale Unterschiede gespalten, Parteizuordnungen verlaufen vielfach entlang von Kommunengrenzen. Clinton müsste zwar von der afroamerikanischen Bevölkerung besonders unterstützt werden, doch die Datenforschung sagt hier eine geringe Wahlbeteiligung voraus.

Die Ablehnung Trumps unter afroamerikanischen Amerikanern motiviert diese Gruppe möglicherweise nicht in demselben Maße zur Wahl wie ein Barack Obama im Weißen Haus. Clinton aber ist angewiesen auf die Koalition einer bunten Gesellschaft.

Auch ein zweiter Faktor deutet auf einen leichten Vorteil für Trump im Vergleich zu den Umfragen hin. Offenkundig spielte in der Vergangenheit eine Rolle, in welcher Reihenfolge Kandidaten in einer Suchanfrage auftauchen. Trump-Unterstützer würden demnach stets „Trump gegen Clinton“ eingeben und vice versa. Gabriel und Stephens-Davidowitz haben für die Wahlen 2008 die entsprechenden Google-Erkenntnisse mit den Zahlen von Nate Silver verglichen.

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In Staaten, in denen der damalige Obama-Gegner Mitt Romney mehr Erstnennungen hatte, schnitt er besser ab als von Nate Silver vorhergesagt. Die Statistiker wagen keine Festlegung, sagen aber, es gebe „eine Reihe von Indikatoren, dass Mister Trump in einigen Staaten besser abschneiden könnte, als es die Umfragen nahelegen“.

Eine Gruppe könnte demnach für Hillary Clinton wahlentscheidend sein: die hispanoamerikanische Community, mehrheitlich eine demokratische Klientel. In Florida, einem der zwischen Clinton und Trump hart umkämpften Bundesstaaten, ist schon der Anteil der Latinos, die früh ihre Stimme abgegeben haben, überproportional hoch gemessen am Bevölkerungsanteil. Und nach Daniel Smith vom Wahlblog electionsmith waren 36 Prozent von ihnen im Jahr 2012 noch gar nicht zur Wahl gegangen.

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