Projekt für mehr Kooperation: Couchsurfing für Reporter

Biete Insiderwissen und Kontakte: Drei Medienmacherinnen wollen mit der Online-Plattform „Hostwriter“ Journalisten weltweit zur Zusammenarbeit bewegen.

Mehr Informationen von vor Ort fehlen oft: Aleppo, Syrien Bild: reuters

Entstanden ist die Idee aus eigener Erfahrung: Die freie Journalistin Tabea Grzeszyk war im Nahen Osten unterwegs. Über die Mitschlaf-Onlineplattform „Couchsurfing“ kam sie nahe Damaskus bei einem jungen syrischen Paar unter – in einer Gegend, in der viele irakische Flüchtlinge wohnten. „Das war ein irrer Einblick“, berichtet die 33-Jährige. „Ich habe viele Dinge erfahren, die ohne meine Gastgeber nicht möglich gewesen wären.“

Zurück in Deutschland tat sie sich mit zwei Kolleginnen zusammen und begann die konzeptionelle Arbeit an einer Plattform, die es zwar noch nicht gibt, die aber vielversprechend klingt.

„Hostwriting“ nennt sich das Projekt, ein soziales Netzwerk speziell für JournalistInnen, das sowohl Gastgeber im Ausland als auch Kontakte für und mit Journalisten vermitteln soll. Wer sich registriert, gibt neben dem Wohnort auch Themenschwerpunkte und Sprachkenntnisse an, sagen die Macherinnen.

Zusätzlich soll man anklicken können, wofür man zur Verfügung steht: „Das kann vieles sein: Kontakte vor Ort vermitteln, ein Gästezimmer anbieten oder Interesse an einer gemeinsamen Recherche“, sagt die freie Journalistin Sandra Zistl aus München, die gemeinsam mit Grzeszyk und der NDR-Redakteurin Tamara Anthony aus Hamburg hinter dem Projekt steht.

Türöffner statt Konkurrent

Kooperation ist das Schlüsselwort der Idee. „Uns geht es darum, dass sich Journalisten vernetzen, statt sich als Konkurrenz zu verstehen“, sagt Anthony. Als Vorstandsmitglieder im Verein Journalists Networks wissen die drei Gründerinnen, dass hilfreich Kollegen vor Ort mit ihrem Insiderwissen und ihren Kontakten „als Türöffner“ funktionieren können.

Die Plattform ist aber auch als Kritik an der Qualität der Auslandsberichterstattung hierzulande zu verstehen. Oft denken JournalistInnen in ihren Geschichten zu national, während die Welt immer globaler wird, kritisieren die drei.

„Ein gutes Beispiel war die eingestürzte Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch“, sagt Anthony. Bei diesem Thema hätte ihre Redaktion gern mehr Infos von vor Ort gehabt, sagt sie. „Aber dort ansässige Journalisten für uns zu gewinnen war sehr schwierig, weil es keinerlei Kontakte gab.“ Für Zistl geht es auch um etwas anderes: „Wir brauchen wieder mehr Mut zu fundierter Hintergrundberichterstattung. Wer bei einem einheimischen Journalisten unterkommt, arbeitet später mit besseren Quellen, als jemand, der nur kurz hinfliegt und im Hotel wohnt.“

Noch nicht ganz ausgereift

„Hostwriter“ ist zwar als Non-Profit-Projekt angelegt, das sich derzeit über verschiedene Stipendien finanziert. Wenn etablierte Medien die Plattform jedoch als Pool für JournalistInnen vor Ort nutzen, wollen die Macherinnen eine Vermittlungsgebühr erheben.

Völlig ausgereift ist „Hostwriter“ noch nicht: Auf der Plattform sollen sich ausschließlich Journalisten registrieren können. Nach welchen Kriterien diese ausgewählt werden, steht noch nicht fest. Auch ist unklar, wie sicher so ein Netzwerk ist.

Immerhin: Bis die Beta-Version der Plattform online geht, wollen die Macherinnen solche Fragen auf ihrem Blog so transparent und offen wie möglich diskutieren.

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