Protest gegen Formel-1-Rennen in Bahrain: Die kalte Ignoranz der Formel 1

Von den Protesten und den Unruhen in dem Golfstaat wollen die Formel-1-Leute möglichst verschont bleiben – genau wie die Herrscherfamilie. Das Kalkül geht nicht auf.

Proteste in Manama am Sonntag. Bild: reuters

MANAMA rtr/dpa/taz | Trotz großer Polizeipräsenz anlässlich des Formel-1-Rennens haben Jugendliche in Bahrain am Sonntag erneut Autoreifen auf den Straßen angezündet. Vor dem Grand Prix hing schwarzer Rauch über der Küstenstadt Budaija, dem Zentrum der Proteste gegen die Herrscherfamilie.

Nach den Massenprotesten von Freitag und Samstag war es auch in der Nacht zu Sonntag zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Gummigeschosse ein, vermummte Demonstranten warfen Brandsätze auf die Polizei. Nach Angaben der Opposition kam bei den Unruhen am Wochenende ein Aktivist ums Leben. Die Bestattung des 36-Jährigen könnte weitere Auseinandersetzungen schüren.

Die Demonstranten verlangen auch die Freilassung des dänisch-bahrainischen Menschenrechtsaktivisten Abdulhadi al-Chawaja, der sich seit mehr als zwei Monaten im Hungerstreik befindet. Das bahrainische Innenministerium teilte am Sonntag über Twitter mit, al-Chawaja sei bei „guter Gesundheit“ und werde am Sonntag den dänischen Botschafter treffen. Der schiitische Oppositionelle war im Frühjahr 2011 festgenommen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

„Die Tür ist immer offen“

Die regierende Al-Chalifa-Familie wollte die luxuriöse Sportveranstaltung nutzen, um nach den Unruhen im vergangenen Jahr die Rückkehr zur Normalität zu signalisieren. 2011 war das Formel-1-Rennen abgesagt worden. König Hamad Bin Isa al-Chalifa sagte kurz vor dem Rennen, er fühle sich Reformen und Versöhnung verpflichtet. „Die Tür ist immer offen für aufrichtigen Dialog unter allen Menschen“, hieß es in einer Mitteilung.

Bahrain ist ein enger Verbündeter der USA. Das Land ist der einzige Golfstaat, der vom Arabischen Frühling erfasst wurde. Bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste im vergangenen Jahr – auch mithilfe Saudi-Arabiens – starben 35 Menschen.

Das Formel-1-Rennen fand weit ab von den Ausschreitungen statt. Die Autobahn, die zum Rundparcours führt, sicherten Polizeiautos. An der Straße sei auch Stacheldraht aufgezogen worden, sagten Aktivisten der Opposition.

Weltmeister Sebastian Vettel drückte vor dem Rennen seine Frustration über die Konzentration auf die politische Lage in Bahrain aus. Er freue sich darauf, jetzt in sein Auto zu kommen und sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die wirklich wichtig seien: „Reifentemperaturen, Autos“. Auch Formel-1-Chef Bernie Ecclestone hatte sich kühl gezeigt. „Das hat nichts mit uns zu tun“, sagte er.

Etwa 7.000 meist schiitische Gegner der sunnitischen Herrscherfamilie hatten am Samstag demokratische Reformen in dem Inselstaat am Persischen Golf gefordert. Nach Angaben von Aktivisten sind allein in den vergangenen Tagen vor dem Formel-1-Rennen 95 Menschen nach Protesten festgenommen worden. Die Sicherheitsvorkehrungen in dem Land mit rund 1,3 Millionen Einwohnern sind enorm verschärft worden. Die Kosten des Rennens werden auf 40 Millionen Dollar geschätzt.

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