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Prozess gegen René BenkoWenn nur die Gier nicht wär

Patrick Guyton

Kommentar von

Patrick Guyton

Jetzt tritt das wahre Ausmaß des finanziellen Schadens durch den Immobilenguru zutage. Aber wahr ist auch: Reiche Geldgeber haben sich blenden lassen.

Muss jetzt ins Gefängnis: Immobilienspekulant René Benko Foto: Leonhard Foeger/Reuters

D ie Ermittler bei der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft atmen auf. Denn die (Teil-)Verurteilung des Immobilenhasardeurs René Benko zeigt: Sie sind auf dem richtigen Weg mit ihren Recherchen, Licht in die undurchschaubar wirkenden Vorgänge im Signa-Kosmos zu bringen. Zumindest Teile von Benkos Handeln, so das Urteil, waren nicht nur grob verwerflich, sondern auch strafbar.

In Innsbruck ging es bei der festgestellten Schadenssumme von 300.000 Euro nur um Peanuts. Die Staatsanwaltschaft meint, dass Benko einen strafrechtlich relevanten Schaden von 300 Millionen Euro verursacht hat.

Nun graben sie sich immer tiefer ein in das Treiben des Blenders, dessen Geschäftsmodell eine Art von Schneeballsystem war. Hat er Investitionsgeld nicht zweckbestimmt eingesetzt, sondern damit Schulden beglichen oder versprochene Renditen ausgezahlt? Hat er dreist gelogen, wie Betrogene es ihm etwa in dem Sinne vorwerfen, dass er sagte: Gib noch ein paar Millionen für das Projekt, und ich lege dieselbe Summe aus meinem Privatvermögen drauf. Letzteres geschah - nicht.

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"Benko war es nicht allein", stand lange Zeit auf dem Zaun vor der Benko-Ruine Alte Akademie in München. Das muss aufgearbeitet werden: Wie konnte die Gier entstehen, aus der heraus so viele Investoren, Banken und Versicherungen ihm Unsummen an Geld hinterherwarfen?

Mit schärferen Transparenzbestimmungen muss so etwas künftig verhindert werden. Auch muss das Modell der Privatstiftungen gesprengt werden, bei solchen hat Benko in Österreich und Liechtenstein wohl sehr viel Geld, Gold und Sachwerte gebunkert. Auf die er dann nach seiner Haft zurückgreifen könnte.

By the way: Darf auch ein wenig Schadenfreude durchblitzen? Multi-Milliardär-Investoren wie Klaus-Michael Kühne oder Hans Peter Haselsteiner haben sich von Benkos Zauber völlig vereinnahmen lassen und hunderte Millionen Euro versenkt. Sie werden nicht in der Grundsicherung landen. Am meisten schmerzt sie ihr eigenes Ego, dass sie sich so leicht haben verführen lassen. Doch hat Benko auch Versicherungen geschädigt, die etwa private Altersrenten aufbauen. Oder den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenverbund - und damit sehr vielen Menschen.

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Patrick Guyton
Autor
Lebt in München, schreibt über mögliche und unmögliche bayerische Begebenheiten. Jahrgang 1967, aufgewachsen im Stuttgarter Raum. Studierte in München und wurde dort zum Journalisten ausgebildet. Es folgten viele Jahre als Redakteur in Ulm, zuständig für Politik und Reportagen. Nun frei atmend und frei arbeitend in der Bayern-Metropole.
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