Rassistische Justiz in Georgia: Todesurteil kassiert

Der Oberste Gerichtshof hebt ein Todesurteil gegen einen Schwarzen auf. 1987 hatten nur weiße Geschworene in der Jury gesessen.

Zwei Wachmänner stehen vor einem großen Gebäude mit vielen Säulen

Der Oberste Gerichtshof: Urteil nach 29 Jahren aufgehoben Foto: dpa

BERLIN taz | Der Oberste Gerichtshof der USA hat am Montag ein Todesurteil aus dem Jahr 1987 aufgehoben und die Durchführung eines neuen Verfahrens angeordnet. Damit gaben die Richter dem damals verurteilten Timothy T. Foster recht.

Fosters Anwälte hatten vorgetragen, dass die Staatsanwaltschaft in Georgia seinerzeit bewusst alle schwarzen Geschworenen aufgrund ihrer Hautfarbe abgelehnt hatte. Das ist seit einem Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs von 1986 illegal – gilt aber bis heute als weit verbreitete Praxis. Der Schwarze Foster, zur Tatzeit 18 Jahre alt, war damals wegen der Tötung einer 79-jährigen Weißen zum Tode verurteilt worden – in der 12-köpfigen Jury waren ausschließlich Weiße. Seither sitzt Foster in Georgia im Todestrakt ein.

Zum Beweis, dass mögliche schwarze Geschworene seinerzeit wegen ihrer Hautfarbe abgelehnt worden waren, legte die Verteidigung Unterlagen der damaligen Staatsanwaltschaft über die Geschworenenauswahl vor. In einer Liste waren alle schwarzen Kandidaten mit einem B für „black“ markiert. Einige davon waren als mögliche Juroren hervorgehoben, „falls es doch dazu kommt, dass wir einen Schwarzen nehmen müssen“, vermerkte der Staatsanwalt.

Tatsächlich belegen verschiedene Studien, dass in der Regel Staatsanwaltschaften gern „neutrale“ Gründe erfinden, um schwarze Juroren ablehnen zu können. Der Grund ist einfach: Schwarze gelten als skeptischer gegenüber der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sinkt mit der Anzahl schwarzer Geschworener.

Fadenscheinige Begründungen

Im Fall der Jury im Verfahren gegen Timothy Foster waren alle schwarzen Juroren mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt worden. Eine schwarze Jurorin wurde zurückgewiesen, weil sie mit ihren 34 Jahren zu nah an der Altersgruppe des zum Verfahrenszeitpunkt 19-jährigen Angeklagten gewesen sei. Gegen acht weiße Geschworene in der gleichen Altersgruppe unter 35 hatten die Staatsanwälte allerdings nichts einzuwenden. Das ging dem Obersten Gerichtshof denn doch zu weit. Mit 7:1 Richterstimmen entschied das Gericht, die vorgelegten Unterlagen der damaligen Staatsanwaltschaft zeigten klar das Bestreben, schwarze Geschworene nicht zuzulassen. Damit ist das Urteil aufgehoben, und das Verfahren gegen Foster muss neu aufgerollt werden.

Die eine abweichende Stimme kam von dem einzigen schwarzen Richter am Obersten Gerichtshof, Clarence Thomas. Der erzkonservative Richter befand, die vorgelegten Beweise reichten nicht aus, um der Staatsanwaltschaft eine Selektion der Geschworenen nach Hautfarbe nachzuweisen. Und: „Mit dieser Entscheidung lädt das Gericht alle Strafgefangenen ein, neue ‚Beweise‘ zu suchen und die Unterlagen der Staatsanwälte anzufordern, die sie einst verurteilten“, schreibt Thomas in seinem Minderheitenvotum. Und das, meint er, schade der Glaubwürdigkeit der Justiz.

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