Rassistische Stereotype in Frauenmagazin: Angriff der blutjungen Dinger

Laut „Instyle“ wollen junge russische Frauen nur eins: die saubere deutsche Ehe zerstören. Dafür trainierten sie sogar in Flirtschulen im finsteren Sibirien.

Mit High-Heels-Rennen trainieren blutjunge Moskauerinnen für den Sturm auf Berlin, Verzeihung, die deutsche Ehe. Bild: dapd

Hut ab! Instyle jetzt mit Rassismus! Dabei dachte man doch immer, das „Fashion + Stars + Beauty + Lifestyle“-Magazin sei aufgrund akuter Seichtigkeit kein guter Platz für handfeste und tendenziöse Vorurteile. Doch in der Kolumne unter der Überschrift „Instyle Etikette“, die sich in der monatlich im Burda-Verlag erscheinenden Zeitschrift regelmäßig mit gesellschaftlichen Fragen beschäftigt, lernt man im August einiges dazu: „Wie verhalte ich mich, wenn mein Ehemann oder Lover mit einem blutjungen Ding made in Russia durchbrennt?“, fragt Executive Editor und Kolumnistin Corinna von Bassewitz.

Sie lässt sich über ebenjene „blutjungen Dinger aus Russland“ aus, die „fataler und schneller als das Ehec-Virus derzeit Ehen und Beziehungen der Boni-Kassierer, Industriebosse und Staranwälte töten“. „Herden der appetitlichen, zielorientierten Püppchen“ lauerten laut Frau von Bassewitz in „den Foyers feiner Bankhäuser und lehnen am Tresen schicker Bars“. Und stibitzen uns anständigen teutschen Frauen anschließend die Ehemänner weg!

Die steile These ist aber nicht allein auf der Autorin Mist gewachsen, sondern wird mit einer Statistik eines Marktforschungsinstituts untermauert, die besagt, dass jeder dritte Mann, der älter als 50 Jahre ist, gern eine jüngere Partnerin hätte. Vielleicht weil die älteren so dummes Zeug reden beziehungsweise in Modemagazinen schreiben? Von Bassewitz kann sogar mit einem Beispiel aufwarten: Ein „schwerreicher“ Bekannter von ihr verließ „mit 67 seine Freundin, die schöngeistige, hochgebildete Kuratorin Maria“. Und für wen? Für „Irina, 46 Jahre jünger als er und bis dato von keinerlei höheren Bildung gesegnet“. Irina lernte im Folgenden, „Ruinart-Champagner von Krimsekt und eine Kelly von einer Birkin Bag zu unterscheiden“, und ruinierte – per Ruinart – von Bassewitz’ brünftigen Kumpel.

Die Psychologin, die in der Kolumne zitiert wird und die den osteuropäischen man eatern das hinterhältige Verhalten quasi in die Wiege legt, gibt es tatsächlich: Frau Dr. Anna Schoch hat eine Praxis in München. „Sie wissen genau, wohin alternden Männern der Verstand rutscht, wenn sie sich sexuell unterversorgt fühlen“, bescheinigt Schoch den cleveren kleinen Russinnen.

Des Weiteren wird noch ein drei Jahre alter Welt-Artikel mit ins Anprangerboot gehievt, der eine Flirtschule in Sibirien porträtiert, in der bereits 16-Jährige „die hohe Kunst, ein böses Mädchen zu sein“, erlernen. Das geht nämlich am besten mit „himmelhohen Schuhen und hautengen kurzen Kleidern“. Genau so eine Comicfigur hält einem dickbauchigen Mann in der textbegleitenden Illustration ihre beeindruckenden Glocken unter die Nase. „Leichtes Spiel für Slutlana aus Nowosibirsk“, haben die deutschsolidarischen Texterinnen der Instyle daruntergeschrieben. „Sie weiß, wie man einem Mann den Verstand, das Geld und die Ehefrau raubt.“

Puh! Wenn das die Russenmafia spitzkriegt! Oder Slutlana selber! Oder der Presserat! Aber die lesen das ansonsten fest im Werbung-, Mode-, Must-have- und Hallo-wie-geht’s?-Gut!-Interviewsektor verhaftete Blatt vermutlich nicht.

Oder denkt die Instyle, der selten lustige Gesamteindruck ihres Hochglanzprodukts unter der Ägide von Chefredakteurin Patricia Riekel habe ein wenig tiefschwarzen Humor verdient? Aber da hätte man doch vielleicht „Achtung, Satire!“ dazuschreiben müssen. Und die Reportageelemente, die echten Zitate und Statistiken wären ebenfalls fehl am Platz, von dem durch die Zeilen schimmernden Neid und dem Tipp mal ganz abgesehen, sich „an unseren streunenden Männern und deren Ludern zu rächen“, indem man sich selbst ein paar junge Russen gönnt. Jeder weiß doch, dass teutsche Frauen immer nur von Spaghetti fressenden Itakern geklaut werden.

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