Reaktionen auf Guttenberg-Rücktritt: Die Kanzlerin bedauert

Die Opposition sieht die Kanzlerin nach dem Rücktritt von Verteidigungsministers Guttenberg blamiert. Angela Merkel selbst zeigt sich betrübt - und lässt seine Nachfolge offen.

Was nun, Kanzlerin Merkel? Bild: dpa

BERLIN taz/afp/dapd/rtr/dpa | Nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ließ sich Angela Merkel Zeit mit einer ersten Reaktion Zeit. Erst am Mittag, als sie von der Cebit in Hannover zurückgekehrt war, sagte sie in Berlin: "Ich bedaure diesen Rücktritt sehr." Sie nehme den Rücktritt mit Respekt zur Kenntnis, zeige sich aber auch betrübt, wie viele Menschen im Lande, so die Kanzlerin.

"Heute ist für mich die Stunde, Karl-Theodor zu Guttenberg aus tiefstem Herzen zu danken." Es werde nicht das letzte Gespräch zwischen ihr und Guttenberg sein. Und Merkel weiter: "Ich bin überzeugt, dass wir in welcher Form auch immer, Gelgenheit zur Zusammenarbeit haben werden." Sie wurde mit der Bitte um den Rücktritt am Dienstagmorgen überrascht, so Merkel. Natürlich hätte sie die Bedenken der Wissenschaft gegen Guttenberg nachvollziehen können, ihr Festhalten an dem Minister sei jedoch aufgrund seiner politischen Begabung erfolgt. Über einen Nachfolger werde an diesem Tage nicht entschieden, so Merkel.

Die Reaktionen der Opposition auf den Rücktritt sehen anders aus.. Die Parteichefin der Linken, Gesine Lötzsch, hat ihn als folgerichtig bezeichnet: "Der Rücktritt war die einzige richtige Entscheidung. Alles andere hätte den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter beschädigt", sagte Lötzsch der taz. Es hätte viele Bürgerinnen und Bürger irritiert, "wenn für unterschiedliche Politiker unterschiedliche Maßstäbe gegolten hätten".

Nachdem es in den vergangenen Tage auch aus den eigenen Reihen immer mehr kritische Stimmen gegeben habe, sei "der Druck einfach zu groß geworden", so Lötzsch zur taz. Durch den offenen Brief tausender Wissenschaftler an Kanzlerin Merkel müsse auch ihr klar geworden sein, dass sie ihn nicht länger decken könne, sagte Lötzsch.

Die Grünen haben den Rücktritt Guttenbergs als eine "Riesenblamage" für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bewertet. Die Kanzlerin habe bis zuletzt geglaubt, "sich durch diese peinliche Affäre lavieren zu können", erklärten die Fraktionschefs der Grünen, Renate Künast und Jürgen Trittin, in Berlin. Mit ihrem Zögern und "machtpolitischen Taktieren" habe Merkel nicht nur dem Ansehen der demokratischen Institutionen schwer geschadet, sondern "aktiv den Werteverfall befördert". Konservative hätten in der CDU "seitdem keine Heimat mehr". Der Rücktritt sei "ein großer Sieg für die Wissenschaft, die den schamlosen Versuch der Kanzlerin nicht hingenommen hat, den Wissenschaftsstandort Deutschland beschädigen zu lassen".

Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der Grünen, sagte der taz: "Der Rücktritt ist ein richtiger und zugleich überfälliger Schritt." Auch mit Bundeskanzlerin Merkel ging der Grünen-Politiker hart ins Gericht: "Die Bundeskanzlerin hat durch ihre zögerliche Unentschiedenheit ihre Regierungsunfähigkeit einmal mehr unter Beweis gestellt. Ich hoffe, dass Konservative künftig von der Hybris die Finger lassen, Politiker als Vorbild und bessere Menschen hinzustellen."

Und Thomas Oppermann meint: "Für die Kanzlerin kommt dieser Rücktritt zu spät. Sie hat sich kräftig blamiert, ihre Glaubwürdigkeit ist beschädigt, sie hat dem Ruf der Politik Schaden zugefüg", sagte der erste Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Und sein Parteikollege, Verteidigungsexperte Rainer Arnold ergänzt: "Als Trickser und Betrüger kann man nicht Minister sein."

"Die CSU steht weiter zu Karl-Theodor zu Guttenberg"

CSU-Chef Horst Seehofer hat den Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als sehr schmerzlichen Schritt auch für die CSU bezeichnet. Guttenberg sei ein herausragender Politiker und ausgezeichneter Verteidigungsminister, sagte Seehofer am Dienstag in München. Er und die CSU seien sehr betroffen. "Ich kann heute wiederholen, dass die CSU auch weiter zu Karl-Theodor zu Guttenberg steht. Er bleibt einer von uns." Er selbst wolle alles tun, dass Guttenberg der deutschen Politik und der CSU erhalten bleibe. Das gelte für das gesamte CSU-Präsidium.

FDP-Chef Guido Westerwelle hat Guttenbergs Enscheidung als folgerichtig eingestuft: "Das ist eine Entscheidung der Konsequenz", sagte er. Für Westerwelle ist die Regelung der Nachfolge jetzt Sache der Union. Er stehe im Zusammenhang mit dem Rücktritt in engem Kontakt mit Merkel, so Westerwelle.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat den Rücktritt bedauert. "Er ist den Weg gegangen. Er verdient großen Respekt", sagte Mappus in Stuttgart. Noch sei nicht klar, ob Guttenberg die für diese Woche geplanten Wahlkampfauftritte für die Landtagswahl am 27. März wahrnehmen werde. "Karl-Theodor zu Guttenberg war, ist und bleibt willkommen in Baden-Württemberg", sagte Mappus. Niemand bestreite, dass Guttenberg einen großen Fehler gemacht habe. Aber man lasse einen Menschen nicht eiskalt fallen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat den Rücktritt "mit Bedauern und Respekt" zur Kenntnis genommen.

Die Koalition gerät nach Ansicht von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger durch den Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nicht ins Wanken. So ein Rücktritt sei zwar nicht normal, "bringt die Koalition aber nicht ins Trudeln", sagte die FDP-Politikerin am Dienstag in Wiesbaden.

"Es hat keine Auswirkungen auf den Bestand und die Arbeit der Koalition", machte die Ministerin deutlich. Im Verteidigungsministerium stünden wichtige Aufgaben zur Umsetzung der Bundeswehrreform an. Deshalb hoffe sie, dass die Union jetzt sehr zügig über die Neubesetzung des Postens entscheide.

Verteidigungsstaatssekretär als Nachfolger?

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel wertete den Rücktritt Guttenbergs als "folgerichtige und respektable Entscheidung". Er sehe aber nun keine Veranlassung für eine Kabinettsumbildung, sagte der FDP-Politiker.

Unmittelbar nach dem Rücktritt des Verteidigungsministers kommt die Diskussion über die Nachfolge im Amt des Verteidigungsministers in Schwung. Aus Koalitionskreisen hieß ist, eine große Kabinettsumbildung, in die etwa auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einbezogen werden könnte, sei sehr unwahrscheinlich. Der als ein möglicher Guttenberg-Nachfolger gehandelte Volker Kauder (CDU) bleibt demnach voraussichtlich Unionsfraktionschef. Zunächst sei nun die CSU aufgefordert, einen Vorschlag für einen Nachfolgekandidaten zu machen. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel wird am Nachmittag Gespräche über die Nachfolge führen.

Das CSU-Präsidium will offenbar am Freitag zusammenkommen und über die Nachfolge entscheiden. Als einfache Lösung gilt demnach ein Wechsel von Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt in das Ministeramt. Schmidt sitzt für den Wahlkreis Fürth im Bundestag und ist seit November 2005 Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsressort.

Einer hat unterdessen schon abgewunken: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, "Das mute ich meiner Familie nicht zu", sagte der CSU-Politiker der Rheinischen Post. Seine Familie habe ihn dringend gebeten, unter keinen Umständen eine derartige drastische Erschwerung der Lebensumstände hinzunehmen. "Meine Kinder sind zu klein, um jetzt nur noch in gepanzerten Wagen herumzufahren", erläuterte der stellvertretende CSU-Vorsitzende.

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