Reaktionen zum neuen Spionageverdacht: Empörung und Schweigen

Die USA haben möglicherweise den Untersuchungsausschuss zur NSA ausspioniert. Der Vorsitzende hat darüber keine Kenntnisse. Die Opposition fordert schonungslose Aufklärung.

Wird auch er ausspioniert? Patrick Sensburg, NSA-Ausschuss-Vorsitzender, weiß es nicht. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags ist nach Angaben seines Vorsitzenden wahrscheinlich nicht ausspioniert worden. „Ich kann (...) derzeit sagen, dass ich keine Erkenntnisse habe, dass Dokumente des Untersuchungsausschusses selber ausgespäht worden sind“, sagte der CDU-Politiker Patrick Sensburg am Samstag im Deutschlandfunk. Trotzdem forderten Politiker aus Koalition und Opposition Konsequenzen aus der Affäre um den BND-Mitarbeiter, der geheime Unterlagen an US-Geheimdienste verkauft haben soll.

Auch in der US-Regierung scheint der Fall für Beunruhigung zu sorgen. Die New York Times zitierte einen Regierungsvertreter mit der Einschätzung, die Berichte über eine mindestens zweijährige Spionagetätigkeit des BND-Mitarbeiters drohten alle Reparaturarbeiten im deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder zu zerstören. Nach Informationen der Zeitung haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat am Donnerstagabend noch nicht über den Fall gesprochen, obwohl Merkel zu diesem Zeitpunkt schon davon wusste.

Der US-Botschafter in Berlin, John B. Emerson, wurde am Freitag ins Auswärtige Amt gebeten und zu einer zügigen Aufklärung aufgefordert. Am Abend feierte Emerson mit Hunderten Gästen auf dem Tempelhofer Feld in Berlin den US-Nationalfeiertag. In seiner Ansprache erwähnte er die Verstimmungen in den deutsch-amerikanischen Beziehungen mit keinem Wort.

Die Bundesanwaltschaft hatte bereits am Mittwoch einen 31-jährigen BND-Mitarbeiter festnehmen lassen. Er steht unter dringendem Spionageverdacht. Nach Informationen der Bild soll er 218 Dokumente an US-Geheimdienste weitergeleitet und dafür 25.000 Euro erhalten haben. Darunter sollen auch drei für den NSA-Ausschuss bestimmte Papiere gewesen sein. Über die Arbeit des Ausschusses selbst sagen die Dokumente nach Angaben ihres Vorsitzenden aber nichts aus. „Unsere internen Papiere hoffen wir sicher zu halten, dass sie nicht nach außen dringen“, sagte Sensburg.

SPD-Obmann fordert Konsequenzen

Im Ausschuss herrscht dennoch Empörung. Der SPD-Obmann im Ausschuss, Christian Flisek, sprach im Bayerischen Rundfunk von einem möglichen „Skandal“ und „Angriff auf die parlamentarische Demokratie“. Dies müsse Konsequenzen haben, sowohl im Bereich der Zusammenarbeit der Geheimdienste als auch im Bereich der Politik. Der Ausschuss ist seit drei Monaten damit beschäftigt, die Spähaktivitäten der National Security Agency (NSA) auf deutschem Boden aufzuklären. Die NSA-Affäre hatte vergangenes Jahr für schwere Verstimmungen zwischen Berlin und Washington gesorgt.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), sagte der Bild vom Samstag, sollte sich der neue Verdacht bewahrheiten, wäre das „ein riesiger Vertrauensbruch im transatlantischen Verhältnis“. Der Grünen-Innenexperte Volker Beck sagte Handelsblatt Online: „Die Verantwortung für die Aktivitäten des BND liegen im Bundeskanzleramt. Wir erwarten, dass die Aufklärung über diesen Vorgang schonungs- und rückhaltlos von höchster Stelle angeordnet wird.“

Die Linke sieht das Kanzleramt in der Verantwortung. „Alle Finger zeigen auf das Kanzleramt und dessen Chef“, sagte der Parteivorsitzende Bernd Riexinger der Rheinischen Post.

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