Rechte Szene in Chemnitz: Sie wollen den Volksaufstand

Die Rechten haben in Chemnitz noch lange nicht genug: Auch am Donnerstag und Samstag wird protestiert. Die lokale Szene ist gut vernetzt.

Viele Leute, Deutschlandfahnen, Bengalos

Die rechtsextreme Demonstration am Montagabend in Chemnitz Foto: dpa

Es ist eine unschöne Mischung: Seit vergangenem Sonntag greifen in Chemnitz rechtsextremen Hooliganverbindungen, rechtspopulistische Vereine und neurechte Netzwerke ineinander. In den kommenden Tagen planen sie weitere Aktionen in der sächsischen Stadt.

Eine zentrale Bedeutung hat dabei die Bürgerbewegung Pro Chemnitz um Martin Kohlmann. Die Bewegung des ehemaligen stellvertretender Bundesvorsitzender der Republikaner sitzt seit 2014 im Rat der drittgrößten Stadt des Freistaates. Pro Chemnitz veranstaltete die Demonstration am Montag, bei der es zu gewalttätigen Ausschreitungen von Rechtsextremen kam. Für den heutigen Donnerstag, zum Besuch des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, hat Pro Chemnitz erneut eine Kundgebung angemeldet. Und auch am Samstag will die selbsternannte Bürgerbewegung demonstrieren.

„Pro Chemnitz ist als politische Kraft in der Stadt etabliert“, sagt Kerstin Köditz, Landtagsabgeordne der Linken in Sachsen. Treibende Kraft sei die Person Martin Kohlmann: Seit Jahren bemühe sich der Rechtsanwalt, die extreme Rechte in dem Bundesland „zu bündeln“. Pro Chemnitz decke ein Spektrum von Rechtsextremen über rechten Hooligans bis zur Mitte der Gesellschaft ab, so Köditz.

Drei Sitze hat die Fraktion seit der letzten Wahl im Chemnitzer Stadtrat. Ihr Dauerthema: die Asylpolitik. Kohlmann selbst, der auch mal bei der rechtskonservativen Kleinpartei Deutsche Soziale Union war, sitzt bereits seit 1999 im Stadtrat. In der rechtsextremen Szene sei er ein beliebter Anwalt, sagt Köditz. Der Rechtsanwalt, ­ Alter Herr der Burschenschaft Arminia zu Leipzig, ­ wirkte als einer der Verteidiger im Prozess gegen die rechtsextreme Terrorgruppe Freital. Aus dem Unterstützungsumfeld der Terrorgruppen kamen am vergangenen Montag auch eine Rednerin der „Pro Chemnitz“-Kundgebung.

Enge Verbindungen hält „Pro Chemnitz“ aber nicht bloß zur klassischen rechtsextremen Szene. Auf dem Internetportal Sezession des neurechten Verlegers Götz Kubitschek wird breit auf Kohlmanns Einschätzungen zurückgegriffen. Kubitschek, der auch das Institut für Staatspolitik führt, gibt ausführlich Kohlmanns Bewertung der Montagskundgebung wieder: „Die Demo war die größte in Chemnitz seit 1989. Wir hoffen, dass jetzt genau die Stunde schlägt, die historische Umbruchstimmung einsetzt. Diese kann nur von Sachsen ausgehen.“

Nach Chemnitz hat das neurechte Netzwerk schon lange beste Verbindungen. Der von Kubitschek mit angestoßene Crowdfunding-Verein Ein Prozent für unser Land unterstützte schon 2016 den Protest in dem Chemnitzer Stadtteil Einsiedel gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende. Der Verein gibt selbst an, Beziehungen in die Stadt zu haben.

„Seit Montag ist offensichtlich, dass die Wege zwischen rechten Hooligans, organisierten Rechtsextremen und rassistisch motivierten Wutbürgern äußert kurz sind“, sagt David Begrich, Rechtsextremismusexperte des Magdeburger Vereins Miteinander und Kenner der Szene. „Das Geschehen am Montagabend war eine spektrenübergreifende Machtdemonstration verschiedener rechter und rechtsextremer Akteure“, sagt Begrich.

Über alt- und neurechte Netzwerke werden mittlerweile die geplanten Aktionen von Pro Chemnitz, Pegida und AfD massiv beworden. „Die Mischszene von Rechtsextremen bis Wutbürgern wird versuchen, die Mobilisierung mindestens bis zum Wochenende aufrecht zu erhalten“, schätzt Begrich ein. Sie seien in einen „Erfolgrausch“. Auf ihren Portalen hoffen sie nun auf den langersehnten „patriotischen Volksaufstand“.

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