Rechtsbewegung der AfD: Poggenburg in bester Gesellschaft

Ein AfD-Landeschef diskutiert mit Rechtsextremen über Asylpolitik – und das auch noch in Tröglitz. Eingeladen hatte das „Compact“-Magazin.

Steht hier ausnahmsweise mal in der linken Ecke: André Poggenburg Bild: dpa

BERLIN taz | In der AfD eskalieren gerade die Auseinandersetzungen um den Umgang mit der NPD. Und mitten in dieser Zeit setzt sich der sachsen-anhaltinische AfD-Landesvorsitzende André Poggenburg auf ein Podium zu NPD-Abgeordneten, verurteilten Rechtsextremisten und Reichsbürgern – ausgerechnet in Tröglitz, wo Ostern ein Flüchtlingsheim angezündet wurde.

Er habe an der Veranstaltung des neurechten Compact-Magazins am 7. Mai teilgenommen „um der NPD nicht die weitere Instrumentalisierung der örtlichen Probleme zu erlauben“ postete Poggenburg auf Facebook. Im selben Beitrag behauptet Poggenburg aber auch, gar nicht gewusst zu haben, wer außer dem Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer noch auf dem Podium sitzen werde.

Elsässer persönlich hatte zu der Diskussion in die Tröglitzer Kulturhalle geladen. Titel: „Ist die deutsche Einwanderungs- bzw. Asylpolitik gescheitert?” Tröglitz, so hieß es in der Einladung, sei „im Visier der Mainstream-Presse“ und das nur wegen eines „brennenden Dachstuhls, bei dem aber niemand zu Schaden kam“. Stattdessen würden „braune Gespenster ohne Indizien ausgemalt“, so Compact, die Medien müssten „pro Woche mindestens eine rechte Sau durchs Dorf jagen“. Mit dieser „Inquisition“ werde der „notwendigen Dialog mit den Bürgern gedeckelt“.

Ganz anders selbstredend Compact. Podiumsgast und AfD-Landeschef Poggenburg habe sich bei seinem Auftritt „couragiert mit den Tröglitzern solidarisiert“, lobte Elsässer hinterher. Das hatte Poggenburg auch schon direkt nach dem Brand am Ostersamstag getan. Da hatte der „von oben diktierten“ Zuwanderungspolitik eine „mindestens indirekte Mitschuld“ an dem Brandanschlag gegeben.

Beim Compact-Plenum in Tröglitz saß er neben dem bekannten Rechtsextremist Christian Bärthel. Dieser war mindestens viermal in Tröglitz bei den Demonstrationen gegen das Flüchtlingsheim als Redner aufgetreten. Die Demos hatten den Bürgermeister des Ortes, der sich für das Flüchtingsheim einsetzte, mit Einschüchterungen und Bedrohungen zum Rücktritt gezwungen.

NPD-Versteher auf dem Podium

Bärthel sprach seinerzeit bei den von den Rechten „Spaziergänge“ genannten Anti-Flüchtlingskundgebungen von „begattungsfreudigen Nordafrikanern, die uns hier belästigen“, denen er eine gute Heimreise wünsche. Zudem verteidigte den NPD-Politiker Hans Püschel, der auf einer der Demos in Tröglitz einen umjubelten Auftritt hatte.

Der „Reichsbürger“ und NPD-ler Bärthel ist wegen Volksverhetzung verurteilt. In der Vergangenheit hatte er unter anderem versucht, einen Rudolf-Heß-Gedenkgottesdienst in Wunsiedel zu organisieren. Er setzt sich für inhaftierte Holocaustleugner ein und hat eine Demo angemeldet, auf der auch der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben sprechen durfte.

Ein weiterer Mitdiskutant auf dem Compact-Podium war NPD-Kader Steffen Thiel, wie Poggenburg Mitglied im Kreistag des Burgenlandkreises, in dem Tröglitz liegt. Thiel hatte die Anti-Flüchtlings-Demos in Tröglitz organisiert. Steffen Thiel besuchte auch die Nazi- und Hooligandemonstration „1.000.000 Stimmen gegen Islamisierung und Amerikanisierung“ am 9. Mai in Berlin, bei der Elsässer einen großen Auftritt hatte.

Die Recherchegruppe Kentrail-Verschwörung, die die rechte und neurechte Szene beobachtet, hat die Verstrickung von Gestalten wie Bärthel, Thiel und nun Poggenburg in die Tröglitzer Proteste eingehend dokumentiert. „Poggenburg arbeitet nicht nur mit Nazis zusammen, sondern tritt auch gemeinsam mit ihnen auf“, schrieb die Gruppe am Mittwoch. Gegen Poggenburg sei der wegen NPD-Nähe kritisierte thüringische AfD-Chef Björn Höcke ein „kleines Licht“.

Man kennt sich aus dem Landtag

Tatsächlich hatte Poggenburg erst am Montag in einem Interview mit dem MDR gesagt, „ich arbeite im Kreistag mit NPD-lern zusammen“, daher wisse er dass das „nicht alles Extremisten sind“. Sinngemäß genau das gleiche hatte Höcke gesagt, weshalb AfD-Bundeschef Bernd Lucke ihn aus der Partei werfen will.

Damit ihm nicht das gleiche blüht, ruderte Poggenburg am Dienstag zurück. Es habe „zu keinem Zeitpunkt tatsächlich eine inhaltliche Nähe zur NPD oder anderen verfassungsfeindlichen Gruppen“ gegeben, postete er. In Tröglitz habe er lediglich klargemacht, dass Zuwanderung „nicht generell abzulehnen“ sei, sondern „zum Wohle aller Beteiligten besser geregelt“ werden müsse. Aus seiner Teilnahme an der Veranstaltung NPD-Nähe konstruieren zu wollen sei „in höchstem Maße unredlich“.

Das Video des Podiums in Tröglitz, das auch Poggenburgs Auftritt zeigt, hat Elsässer zwar vollmundig angekündigt, aber bis Mittwochnachmittag nicht auf der Compact-Homepage veröffentlicht. Es könnte Poggenburg in arge Bedrängnis bringen.

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