Rechtsextremismus in Marzahn: Merkwürdig aufgelegt

Nicht nur einige Teilnehmer einer eigentlich gegen Rechts gerichteten Parade in Marzahn waren selbst Rechte: Auch zwei der DJs, die dort auftraten, gehören zur Szene.

Der Großteil der Teilnehmer an der Space Parade wollte ein Zeichen gegen Rechts setzen – aber nicht alle Foto: Sebastian Wells

Dass es in Marzahn-Hellersdorf ein Problem mit Rechtsextremismus gibt, ist bekannt – dass der Bezirk auf vielfältige Weise versucht, dieses Problem zu bekämpfen, ebenfalls. Nicht immer laufen diese Versuche jedoch störungsfrei ab. Eine Mitte Juli veranstaltete Technoparade gegen rechts führte schon damals zu Irritationen, denn unter den TeilnehmerInnen waren auch Rechtsextreme. Nun sorgen neue Informationen für weitere Kritik: Auch zwei der DJs, die auf der Veranstaltung auflegten, sind offenbar Angehörige der rechten Szene.

Das haben Recherchen einer Antifagruppe ergeben, die ihr Material auch der taz zur Verfügung stellte. Tatsächlich kann zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass die beiden DJs an verschiedenen rechtsextremen Veranstaltungen der letzten Jahre teilgenommen haben, dar­unter ein Neonazi-Aufmarsch im vergangenen Jahr in Hellersdorf, die rechtsextreme „Merkel muss weg“-Demonstration und ein Aufmarsch von Bärgida. Robin P., einer der beiden DJs, posiert auch auf einem Gruppenbild der rechten Gruppe Bündnis Deutscher Hools, Fotos von seinem Facebook-Profil legen ebenfalls seine Zugehörigkeit zur rechten Szene in Marzahn-Hellersdorf nahe.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz Marzahn-Hellersdorf, das die Veranstaltung organisiert hatte, zeigt sich in einer Stellungnahme schockiert über diese Erkenntnisse. Der politische Hintergrund der DJs sei dem Bündnis zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, schreiben die beiden Sprecherinnen. Nun wolle man sich „mit allen Beteiligten zusammensetzen und die Ereignisse selbstkritisch analysieren“.

Entsetzt zeigt sich auch Raiko Hannemann, bis Februar dieses Jahres Leiter der bezirklichen Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung. Er hatte auf demselben Wagen aufgelegt wie die beiden fraglichen DJs. „Hätte ich um den Hintergrund dieser DJs gewusst, hätte ich niemals vor ihnen gespielt“, sagt er. An der Organisation der Veranstaltung sei er jedoch nicht beteiligt gewesen.

Da die beiden DJs keine exponierte Stellung in der rechtsextremen Szene innehaben, ist es gut möglich, dass die Veranstalter der Parade nichts von ihrem politischen Engagement wussten – wenngleich eine engere Zusammenarbeit mit antifaschistischen Gruppen, die diese im Bezirk schon lange einfordern, hier offenbar weiter geholfen hätte.

Wer genau die DJs ausgewählt hat, ist nicht zu ermitteln. Thomas Bryant, Integrationsbeauftragter des Bezirks und nach eigenen Angaben „Ideengeber“ der Space Parade, weist die Verantwortung von sich. Die Organisation habe bei einer Gruppe von Menschen rund um den kurz vor der Parade verstorbenen Gustav Wöhrmann gelegen, der für sein langjähriges antifaschistisches Engagement im Bezirk bekannt ist. Eine Angabe, der durch den Tod Wöhrmanns schwer nachzugehen ist.

Ihm sei der Hintergrund der DJs ebenfalls nicht bekannt gewesen, sagt Bryant und ergänzt: „Aber hinterher wissen wir alle mehr – unter anderem auch, dass indymedia seitens des Bundesministers des Innern als ‚linksextremistisch‘ eingestuft und verboten wurde.“ Eine Anspielung auf die Tatsache, dass die Recherchen zu den beiden DJs zuerst auf der linken Internetplattform indymedia veröffentlicht wurden – und in diesem Zusammenhang eine interessante politische Schwerpunktsetzung. ­Bryant betont, die AufdeckerInnen des Skandals hätten womöglich von Methoden Gebrauch gemacht, „deren Rechtskonformität allerdings ganz offenkundig mehr als fragwürdig ist“. Das Ergebnis der Recherche zweifelt jedoch auch er nicht an.

Dagmar Pohle (Linke), Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf und Schirmherrin der Space Parade, wollte sich gegenüber der taz nicht zu dem Fall äußern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.