Rechtslastiges Fernsehen in den USA: Läuft doch

Ein Trump-naher Medienkonzern könnte bald gut zwei Drittel der US-Haushalte mit Nachrichten versorgen. Die zuständige Behörde hilft nach.

US-Präsident Trump an einer Flugzeugtür, macht eine Daumenhoch-Geste

Thumbs up, FCC! Foto: reuters

Aus PR-Sicht ist es ein Traum: Ein Exwahlkampfberater Donald Trumps darf täglich unwidersprochen seine Weltsicht formulieren – und erreicht damit zwei Drittel der Wählerschaft. Das könnte bald der Fall sein, Grund dafür: Die Expansion eines ultrakonservativen Medienkonzerns – und Deregulierung bei der zuständigen Behörde.

Der Exberater heißt Boris Epshteyn, er arbeitete für die Trump- und zuvor bereits für die McCain-Wahlkampagne. Seit diesem Jahr ist er Kommentator bei der Sinclair Broadcast Group, dem größten US-Me­dien­konzern im Bereich Lokalfernsehen. Epshteyns tägliche Kommentare sind für gewöhnlich auf Trump-Linie: Einschränkung von Einwanderung als Reaktion auf den Anschlag in New York? Angemessen. Die Steuerreform? Gut für den Mittelstand. Die Russland-Ermittlungen? Einseitig dargestellt von den anderen Medien.

Lokalsender von Sinclair Broadcast sind verpflichtet, die Kommentare von Epshteyn sowie weitere sehr konservative Sendungen in ihrem täglichen Programm auszustrahlen. Die sogenannten must-runs brechen die Autonomie der lokalen Nachrichtenredaktionen.

Lokale Nachrichten sind in den USA ein freier Markt. Die meisten Sender gehören Mediengruppen oder zeichnen Verträge mit den großen nationalen Nachrichtensendern und übernehmen zum Teil deren Programm. Dass es auf diesem Markt nicht zu Meinungsmonopolen kommt, darüber wacht die Federal Communications Commission (FCC), ein fünfköpfiges Gremium, dessen Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden. Die FCC hat seit den 1970er-Jahren eine Reihe von Regeln eingeführt, die eine Konzentration von Marktteilnehmern unterbinden sollen, die sogenannten Broadcast Ownership Rules. Dazu gehört etwa, dass ein Medienkonzern nicht mehr als 39 Prozent der US-Haushalte erreichen darf. Sowie eine zweite Regel, nach der die vier größten Sender einer Region auch vier unterschiedliche Eigentümer haben müssen.

Nun hat die FCC am Donnerstag beschlossen, letztere Regel abzuschaffen. Die drei republikanischen Mitglieder des Gremiums überstimmten dabei die zwei Demokratinnen. Es ist bereits der dritte Schritt auf dem Weg von Liberalisierungen, der wohl dazu führen wird, dass eine große Mehrheit der US-AmerikanerInnen ihre Lokalnachrichten von Sinclair Media erhält. Schon im Frühjahr schaffte die FCC die Regel ab, nachdem Lokalsender verpflichtet waren, ein Studio in ihrem Sendegebiet zu unterhalten – und führte sogar eine alte gesetzliche Hintertür wieder ein, mit der sich Reichweiten kleinrechnen lassen, um unter dem 39-Prozent-Limit zu bleiben.

Der Sinclair Broadcast Group gehören mehr als 170 Sender – und sie will 42 weitere kaufen

Die könnte nun Sinclair nutzen: Der Broadcast Group gehören, über die USA verteilt, bereits mehr als 170 Sender. Gegenwärtig versucht Sinclair den hochverschuldeten Mitbewerber Tribune Media für knapp 4 Mil­liar­den Dollar zu schlucken. In diesem Fall kämen noch einmal 42 Sender dazu, unter anderem in politisch bedeutenden Staaten wie dem Swingstate Wisconsin – nach Meinung von KritikerInnen legt das die ideologische Grundlage für Trumps Wiederwahl 2020. Mit der Übernahme von Tribune würde Sinclair die 39-Prozent-Marke knapp überschreiten. Pam Vogel von der Nonprofitorganisation Media Matter geht allerdings davon aus, dass der Konzern mithilfe der FCC auch hier tricksen wird: „Es gibt genug gesetzliche Hintertürchen, die Sinclair nutzen kann um diese Sender weiterhin zu kontrollieren, ohne sie zu besitzen“, sagt sie der taz. Vogel hält wie viele KritikerInnen die offizielle Zahl obendrein für kleingerechnet und geht davon aus, dass Sinclair-Sender 70 Prozent der Haushalte erreichten.

Motor der jüngsten Liberalisierungswelle bei der FCC ist Ajit Pai, Jurist, Republikaner, und seit Januar Vorsitzender des Gremiums. Pai begründet den Rückbau jahrzehntealter Regeln mit der neuen Konkurrenz durch Internetkonzerne. „Der Markt ist nicht derselbe wie 1975“, sagte Pai bei einer Anhörung durch den Kongress im Oktober. Die New York Times hat allerdings im Sommer aufgedeckt, dass Pai seit Jahren enge Kontakte zu Führungskräften von Sin­clair unterhält. Demokratische Abgeordnete haben deshalb angekündigt, eine FCC-interne Untersuchung zu veranlassen.

Boris Ephsteyn freut sich derweil über die Aufmerksamkeit. Nachdem der Komiker John Oliver die Sinclair-Expansion im Juli satirisch kommentierte, konterte Ephsteyn: „Sieht so aus, als würden die Sender der Sinclair-Broadcast-Familie einiges richtig machen.“

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