Gefälschtes Foto: AfD macht auf Lügenpresse

Um ein Bedrohungsszenario zu illustrieren, benutzte die AfD Stade ein geklautes Foto, in das ein Antifa-Logo hineinmontiert war, für einen ihrer Flyer.

Prügelszene, ein Polizist liegt am Boden, eine Person schlägt auf den Polizisten mit einer Fahne ein

Finde den Fehler: Das Antifa-Logo wurde in ein Foto aus Griechenland montiert Foto: Milos Bicanski/getty images; manipulierte Fassung: AfD-Flyer

HAMBURG taz | Der beschauliche Landkreis Stade in Niedersachsen ist ein brandgefährliches Pflaster – das scheint zumindest die AfD so zu empfinden. Um das auch anschaulich zu illustrieren, bastelte der stellvertretende Vorsitzende der AfD Stade, Lars Seemann, einen Flyer: „Innere Sicherheit im Landkreis Stade – Rechtsstaat am Boden“ titelte Seemann, der hauptberuflich als Polizist arbeitet, auf dem Flugblatt.

Dazu kam ein Foto: Ein schwarz gekleideter Demonstrant, bewaffnet mit einer roten Flagge, holt zum Schlag gegen einen Polizisten aus, der gerade auf die Straße fällt. Auf dem Rücken des Schwarzgekleideten prangt ein Antifa-Logo. Nur, dass das Antifa-Logo da gar nicht hingehört.

Auch wurde die Szene nicht in Stade aufgenommen, sondern im Jahre 2009 in Athen. Und zu allem Überfluss hat Seemann das Foto geklaut – der Urheber, der Fotograf Milos Bicanski, wird nirgendwo genannt. Damit verstieß die AfD gleich gegen drei Paragrafen des Urheberrechts: Sie verschwieg den Namen des Urhebers, vervielfältigte das – ohne das Einverständnis des Künstlers veränderte – Foto, und veröffentlichte es, ebenfalls ohne dessen Zustimmung.

Im Internet machten zuerst UserInnen der sozialen Netzwerke auf den Fake aufmerksam, dann berichteten auch lokale Zeitungen. Gegenüber dem Stader Tageblatt bestätigte der Fotograf, keine Anfrage von der AfD bekommen zu haben. Die Partei ist sich jedoch kaum einer Schuld bewusst. Es handele sich eindeutig um ein Symbolbild, schreibt der Kreisverband auf seiner Homepage.

„Das Bild ist seit Jahren im Weltnetz“

Weiter behauptet der Kreisverband dort, das Foto nicht von der Bildagentur Getty Images geklaut zu haben, auf deren Homepage Bicanski seine Fotos zum kostenpflichtigen Download anbietet. „Bei der bewußt (sic) eingesetzten Bilddatei handelt es sich um eine seit Jahren im Weltnetz befindliche, stark verfremdete Arbeit eines unbekannten Künstlers“, teilte die Partei mit.

Der „unbekannte Künstler“ habe sich offenbar des 2009 von Bicanski aufgenommenen Bildes bedient. Wie die Partei darauf kommt, ist völlig unklar – auch der Pressesprecher der Stader AfD, Helmut Wiegers, kann nicht erklären, warum es sich bei der AfD-Vorlage nicht um Bicanskis Foto gehandelt haben soll.

Mit dem Vorwurf der schweren Urheberrechtsverletzung konfrontiert, stellte AfD-Pressesprecher Wiegers zuallererst klar, man rede hier nicht von einem Foto, sondern von einem Bild, da es sich ja ein Symbolbild handele. Man habe mit dem Flyer die kriminelle Entwicklung in Stade aufzeigen wollen. Dabei sei Seemann vielleicht ein kleiner Fehler unterlaufen – wenn es denn überhaupt einer sei.

„Pressekampagne“ gegen die AfD

Die rechtliche Lage sei da völlig undurchsichtig, findet Wiegers. Stattdessen wettert er lieber gegen die Presse, die daraus jetzt so eine große Nummer mache, anstatt auf den Inhalt des Flugblattes einzugehen. Die AfD könne nur noch unter Polizeischutz Wahlkampf betreiben, beschwert er sich, und sagt in Anspielung auf die Antifa-Logo-Schummelei, wir wüssten ja längst alle, von wem die Gewalt ausgehe.

„Im Zweifel steht der Bürger allein da und die Polizei riskiert schon bei der langen Anfahrt Kopf und Kragen“, steht auf dem Flugblatt. All das werde aber von der Presse ignoriert, die den Flyer lediglich nutze, um eine Kampagne gegen die AfD loszutreten, sagt Wiegers.

Dass die AfD sich mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit ein Eigentor schießt, kommt nicht zum ersten Mal vor. Im Februar hatte die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch auf Facebook geäußert, man solle gegebenenfalls an Grenzen auf Frauen und Kinder schießen. Hinterher ruderte sie zurück und sagte, es sei ein technischer Fehler gewesen – sie sei mit der Maus ausgerutscht.

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