Recycling von Plastik: Indien verzichtet auf Müllimporte

Indischen Recycling-Unternehmen verwerten nur noch heimischen Abfall. Dabei ist dessen Qualität schlechter ist als die bisherigen Einfuhren.

Sortierte Plastikflaschen auf einem großen Haufen.

Die indische Abfallwirtschaft muss modernisiert werden Foto: Nick Kaiser/dpa

MUMBAI taz | Plastik aus Deutschland und Europa, das war für den Familienbetrieb Shakti Plastic Industries in Maharashtra lange Zeit ein wertvoller Rohstoff, mit dem er gute Geschäfte machte. „Doch nun kommt kaum noch etwas an“, sagt Rahul V. Poddar, der den Familienbetrieb leitet. September vergangenen Jahres hat Indien samt seiner Sonderwirtschaftszonen die Einfuhr von Altplastik nämlich verboten. Im Oktober folgte dann eine Verschärfung, die auch gehäckseltes Plastik einschließt.

2018 exportierte alleine Deutschland eine Million Tonnen Plastikmüll vor allem in ärmere Länder, wo sie wiederaufbereitet werden sollen. Nach der Basler Konvention, die den globalen Umgang mit gefährlichen Abfällen regelt, bedeutet das: Recycling. Doch was in den entsprechenden Ländern wirklich mit alten Folien und Tüten passiert, prüfen häufig nur lokale Behörden. Dies war auch im Falle deutscher Exporte nach Indien so.

Noch 2018 war der deutsche Altplastikimport nach Indien auf gut 68.000 Tonnen angestiegen und hatte das Land damit unter die Top fünf der Abnehmer gebracht. Aus der EU kamen insgesamt 160.000 Tonnen. Doch Indien will künftig vor allem den eigenen Müll recyceln. Beteiligt an dieser Entscheidung war maßgeblich das Mumbaier Thinktank PDUSM, das enge Kontakte zur Regierungspartei BJP pflegt. Im November 2018 startete er seine Kampagne und kritisierte, dass die weltweiten Mülltransporte nach Indien zunehmen.

Dabei fallen in Indien selbst täglich nach Medienberichten 26.000 Tonnen Plastikmüll an. Das ist zwar wenig im Vergleich etwa zu Deutschland, aber dennoch viel für das Entwicklungsland. Der Handel mit Altkunststoff ist dabei bislang ein gutes Geschäft. Allerdings nimmt mühsam auf Deponien zusammen gesammeltes Plastik keiner gerne ab, vor allem nicht die registrierten Wiederverwerter. Sie setzen auf Plastikabfälle aus der indischen Industrie oder dem Ausland. Doch von Importen sind sie nun abgeschnitten.

Plastik aus Deutschland war von guter Qualität

Für den indischen Recycler Shakti ist das eine Umstellung, aber machbar. Seine Maschinen rattern: „Indien hat genügend eigenen Plastikmüll“, sagt Poddar. Auch wenn er den Rohstoff gerne aus Deutschland bezogen hat, weil er von guter Qualität war. „In Indien wird erst seit ein paar Jahren systematisch getrennt“, sagt er. Ein Großteil seiner Lieferungen besteht jetzt aus Verpackungen von Fehlware, die es nicht auf den indischen Markt geschafft hat. Seit dem Importverbot muss er für seine Produktion aber mehr Zusatzstoffe und Elastomore dazumischen, die zum Teil aus Öl bestehen.

„Das Kunststoffrecycling in Deutschland und Europa verändert sich zur Zeit sehr stark“, bestätigt Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Auslöser dafür ist einmal mehr China. Das Land war Hauptabnehmer für den globalen Plastikmüll, bis es den Import von Altplastik zu Beginn 2018 stark einschränkte. Andere asiatische Länder wie Indien, Vietnam, Indonesien und Malaysia traten zunächst in seine Fußstapfen als Müllimporteur, bis auch sie Importbeschränkungen erließen.

Wie Untersuchungen der Umweltorganisation Greenpeace zeigten, heißt das jedoch nicht, dass kein Müll mehr in diese Länder kommt. Etwa in Malaysia blüht der illegale Handel mit Plastikmüll – auch aus Deutschland.

Rahul Jain vom Think Tank PDUSM fordert daher einen vorübergehenden Stopp des internationalen Handels mit Verpackungsabfällen. Die Entscheidung des Basler Abkommens von Mai diesen Jahres begrüßt er, hält die Umsetzung aber für „sehr schwierig“. Darum sei wichtig, die indische Abfallwirtschaft zu modernisieren und den Recycling-Sektor in den Industrieländern zu stärken. Sonst werde der illegale Export von Kunststoffabfällen in Länder der Dritten Welt fortgesetzt, so Jain.

Diese Recherche wurde durch ein Stipendium des Deutsch-Indischen Mediennetzwerks/Bosch-Stiftung unterstützt.

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