Regierungsbildung gescheitert : Athen vor Neuwahl

Auch der letzte Versuch zur Bildung einer Regierung ist gescheitert. Am Mittwoch soll eine Interimsregierung und der Termin für die Neuwahl bekannt gegeben werden.

Die Griechen und Griechinnen müssen erneut an die Wahlurnen gehen. Bild: dapd

ATHEN taz | Nach acht Tagen fieberhafter Verhandlungen steht fest: Eine Neuwahl ist unausweichlich in Griechenland. Mehrere Krisensitzungen unter Vorsitz des Staatspräsidenten konnten zu keinem Ergebnis führen.

Auch die Idee einer Regierung aus Experten konnte sich nicht durchsetzen. Jeder Parteichef weiß nun zu berichten: Er habe alles getan, was in seiner Macht stand, um eine Neuwahl zu verhindern und stabile Verhältnisse zum Wohl des Landes herbeizuführen. Und schuld seien natürlich nur die Anderen.

Fast stereotyp klingen diese Berichte der Parteiführer und so mancher Wähler glaubt, dahinter eine versteckte Drohung zu erkennen: „Entweder ihr lasst euch von meiner Partei retten, oder das Land geht zugrunde“.

Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias hat nach dem endgültigen Scheitern für den Mittwoch eine weitere, letzte Sitzung mit den Parteichefs anberaumt. Doch dort wird es nicht mehr um die Bildung einer neuen Regierung gehen, sondern nur noch um die Neuwahl.

Diese ist für den 10. oder 17. Juni geplant. Bis dahin wird eine Interimsregierung die Geschicke Griechenlands steuern. Bei der Neuwahl hat der linke Parteienblock Syriza gute Chancen, zur stärksten Partei zu werden.

In Griechenland hat sich die wirtschaftliche Talfahrt zu Jahresbeginn fortgesetzt. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 6,2 Prozent, wie das Statistikamt am Dienstag in Athen mitteilte. Es ist bereits das siebte Quartal mit negativen Wachstumsraten. Ende 2011 hatte die Wirtschaft des Landes auf Jahressicht ein Minus von 7,5 Prozent verkraften müssen. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Talfahrt erst nächstes Jahr zum Stillstand kommt und die Wirtschaft zumindest stagniert. Für 2012 sagt die Brüsseler Behörde dem Euro-Land ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 4,7 Prozent voraus. (rtr, dpa)

Deren Chef Chef Alexis Tsipras will zwar den Euro unbedingt in Griechenland beibehalten. Der linke Populist lehnt aber die vereinbarten Sparanstrengungen strikt ab.

Zum Hauptdarsteller der vergangen Tage avancierte dagegen der Rechtspopulist Panos Kammenos, Chef der „Unabhängigen Griechen“, die bei der letzten Wahl mit antieuropäischer Stimmungsmache über 10 Prozent der Stimmen und 33 Parlamentssitze bekamen.

Wie das Präsidialamt am Dienstag mitteilte, hat Kammenos zunächst sein Einverständnis zu einer Mehrparteienregierung signalisiert, anschließend aber in einem informellen Brief hochgesteckte Bedingungen diktiert, etwa dass die „Unabhängigen Griechen“ den Verteidigungsminister im neuen Kabinett stellen und alle Politiker Griechenlands sich auf „Gefahren für die nationale Sicherheit des Landes“ gefasst machen.

Der Rechtspopulist widersprach dieser Meldung und sprach von einer Provokation, ja sogar von Urkundenfälschung. Der Staatspräsident als hemmungsloser Fälscher?

Eine Provokation

Mitarbeiter von Kammenos erklärten Journalisten hinter vorgehaltener Hand, in Wahrheit habe der konservative Parteiführer Antonis Samaras hinter der Provokation gesteckt. Jedenfalls ließ sich Kammenos nach wenigen Stunden besänftigen und kam dann doch zum letzten Krisengespräch beim Staatspräsidenten.

Dafür hatte die Generalsekretärin der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) Aleka Papariga keine Lust mehr und sagte den Termin beim Staatspräsidenten kurzfristig mit der Begründung ab, die kommunistische Partei sei grundsätzlich gegen die anvisierte Expertenregierung.

Sie hat nicht viel verpasst.

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