Regierungsbildung in Schweden: Die Sozialliberale soll es richten

Annie Lööf lässt den Nationalisten Rassismus nicht durchgehen. Die Zentrumspartei-Chefin könnte Schwedens erste Ministerpräsidentin werden.

Annie Lööf, Vorsitzende der schwedischen Zentrumspartei, spricht bei einer Pressekonferenz in Stockholm

Annie Lööfs Credo: Keine Regierung darf sich von einer nationalistischen Partei abhängig machen Foto: reuters

STOCKHOLM taz | Nun soll es Annie Lööf richten. Die Vorsitzenden der schwedischen Centerpartiet (Zen­trumspartei) hat jetzt den Auftrag, eine Regierung zu bilden. Der schwedische Parlamentspräsident gab ihr am Donnerstag grünes Licht dazu – und das, obwohl Lööfs Partei bei der Parlamentswahl am 9. September mit 8,6 Prozent nur viertstärkste Kraft geworden war.

Die Centerpartiet war zwar als Teil einer „Allianz“ aus vier konservativen und liberalen Parteien angetreten, mit dem Ziel, mit diesen dann auch eine gemeinsame Regierung zu bilden. Doch Lööf hatte sich schon im Wahlkampf offen dafür gezeigt, die bisherigen Blockgrenzen zu Grünen und Sozialdemokraten zu überwinden – falls das Wahlresultat das notwendig machen sollte. Und das tut es jetzt. Angesichts der gestärkten nationalistischen Schwedendemokraten gibt es mit jeweils 143 beziehungsweise 144 Stimmen im Reichstag, der 349 Sitze fasst, weder für eine rein rechte noch für eine rein linke Koalitionsregierung eine Mehrheit.

Sich auch mit den Stimmen der Schwedendemokraten zur Regierungschefin wählen zu lassen, kommt für Lööf nicht in Frage. Ein Markenzeichen der 35-Jährigen, die sich selbst als sozialliberal bezeichnet, ist es, dass sie bei Debatten dem Schwedendemokraten-Vorsitzenden Jimmie Åkesson keine rassistische oder fremdenfeindliche Bemerkung durchgehen lässt, ohne sofort scharf zu widersprechen. Ihr Credo: Keine Regierung dürfe sich von einer solchen Partei abhängig machen.

Geboren auf einem Bauernhof im südschwedischen Småland, in der Jugendmannschaft des IFK Värnamo eine begeisterte Fußballspielerin, dann Einserabiturientin, absolvierte Lööf ein Jurastudium. Mit 18 Jahren trat sie der Jugendorganisation des Zentrums bei – einer im ländlichen Schweden verankerten Partei mit deutlichem Umweltschwerpunkt.

Beliebt und selbstbewusst

Schon mit 19 wurde sie ins Kommunalparlament gewählt, und 2006 wurde sie mit 23 die jüngste Abgeordnete im Reichstag, wo sie sich für Datenschutz- und Integrationsfragen engagierte. 2011 wählte das Zentrum sie zur Vorsitzenden, und sie wurde gleichzeitig Wirtschaftsministerin in der Regierung des Liberalkonservativen Fredrik Reinfeldt.

Vielen in der Parteibasis kam Lööf anfangs zu „städtisch“ vor. Doch letztlich wurde sie zur beliebtesten Politikerin der Wahlkampf­allianz, wie Umfragen zeigten. Wegen ihrer roten Haare und ihres Selbstbewusstseins wird sie oft mit Pippi Langstrumpf verglichen.

Seit 2011 ist Lööf verheiratet, ihre Tochter ist drei Jahre alt, und was wirtschaftspolitische Fragen angeht, kann man sie als stramm neoliberal bezeichnen. Auch bei ausländerrechtlichen und flüchtlingspolitischen Fragen verfolgt sie eine betont liberale Linie – und votierte schon öfter mit Grünen und Linken.

Ob sie selbst das Amt der Ministerpräsidentin anstrebt? Darauf hat Lööf sich noch nicht festgelegt. Schafft sie es jetzt, eine Regierung zu bilden, könnte sie jedenfalls nicht nur Schwedens erste Frau in diesem Amt, sondern auch jüngster schwedischer „Statsminister“ – wie der Regierungschef hier heißt – werden.

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