Relegation Fußball-Bundesliga: Wolfsburg ohne Euphorie

Der VfL Wolfsburg rettet sich am letzten Spieltag vor dem direkten Abstieg in die Zweite Bundesliga. Mit gemischten Gefühlen geht es nun in die Relegation gegen Holstein Kiel.

Ein junger Mann im grün-weißen Trikot des VfL Wolfsburg.

Ernüchterte Wölfe: VfL-Kapitän Maximilian Arnold fühlt sich vor der Relegation „ganz komisch“ Foto: dpa

WOLFSBURG taz | Während die beiden Absteiger Köln und Hamburg mit einem romantischen oder gar euphorischen Wird-schon-wieder-Gefühl in die Zweite Fußball Bundesliga rutschen, geht der VfL Wolfsburg mit einem schwer zu erklärenden Gefühl in die Relegation. „Ich weiß nicht, ob man zu Platz 16 gratulieren kann“, sagte Kapitän Maximilian Arnold auf entsprechende Versuche und rieb sich fast manisch die Augenbraue. Es fühle sich „ganz komisch“ an.

Am Donnerstag empfängt der VfL Wolfsburg Holstein Kiel, am Pfingstmontag kommt dann das entscheidende Rückspiel. Gute Vibrationen oder gar Euphorie-Schübe sind nicht mehr zu erwarten, die Saison auch nicht mehr zu retten. Aber die Bundesliga. Und das ist ein Wert an sich.

Man ließ und lässt es darauf ankommen, diesen Wert nach 21 Jahren einzubüßen. Das 4:1 gegen die längst abgestiegenen Kölner war der erste Heimsieg des Kalenderjahres. Hört sich klar an, doch nach Jonas Hectors Supertor zum 1:1 (32.) lag eine halbe Stunde das Gefühl über der VW-Arena, als würde der VfL am Ende nicht mal den einen Punkt holen, den man brauchte, um den HSV auf Distanz zu halten. „Übermenschlich“, nannte Keeper Koen Casteels den Treffer von Hector. „Nutzt aber nichts“, knurrte der Nationalspieler.

Man sagt zwar immer, Teams ohne Druck könnten frei aufspielen, aber in der Regel fehlt ihnen dann die notwendige Spannung, und so war es bei Köln. Die Spieler ließen sich bei Guilavoguis Treffer schon innerhalb der ersten 60 Sekunden auskontern, das sieht man auch selten. Origi (54.), Knoche (71.) und Brekalo (90+1) trafen in der zweiten Halbzeit, weil Köln ohne den letzten Antrieb nicht kompakt genug war. „Unter Druck“ und „teilweise im Spiel nach vorn“ habe man es „gut gemacht“, sagte Trainer Wolfsburgs Bruno Labbadia.

Maximilian Arnold, Vfl Wolfsburg

„Ich weiß nicht, ob man zu Platz 16 gratulieren kann“

Mit dem Wissen um das Ergebnis kann man die Sache so analysieren, dass der VfL diesmal doch „den Spirit auf den Platz gebracht hat“, wie Torhüter Casteels fand – und durch den physisch sehr präsenten Maximilian Arnold auch spürbare „Leadership“ hatte.

Der Mann des Spiels ist indes der schmächtige Dribbler Josip Brekalo, der an allen Toren beteiligt war. Eine besondere Energieleistung von ihm leitete Divock Origis Treffer ein, erst das zweite Rückrundentor des belgischen Stoßstürmers. Der Mann ist superschnell, dribbelstark, schwer vom Ball zu trennen, aber vor dem Treffer vergab er auch dieses Mal wieder Chance um Chance. „Im Fußball kann man immer etwas besser machen“, sagte er in der Mixed Zone mit einem entspannten Lächeln.

Das Vertrauen in die Klasse der Liverpool-Leihgabe bewog die VfL-Verantwortlichen, ihren Kapitän Mario Gomez im Winter nach Stuttgart gehen zu lassen. Von vielen missglückten Personalentscheidungen könnte das die schwerwiegendste gewesen sein. Während Gomez den VfB Stuttgart mit seinen acht Treffern in die Europa-League-Qualifikation half, kam Origi überhaupt nicht mehr in die Gänge. Aber solche Entscheidungen für oder gegen Spieler sind immer auch Wetten auf die Zukunft und manchmal gehen sie halt schief. Das Problem bei Wolfsburg ist die schiere Menge der verlorenen Wetten.

Viele Anhänger leiden wie Hunde

Bevor es vorbei ist, hat es keinen Sinn über die Bleibeperspektive von Labbadia zu sprechen, über den fehlenden Manager, den fehlenden Fußballstil, die fehlende Identitätsidee, die ungleich größeren Probleme, die VfL-Besitzer VW hat und die Auswirkungen auf die Stadt. Es ist auch unangemessen, die Anhänger des VfL als ohnehin zweitklassig zu schmähen, wie es das populistische Ressentiment will. Das Stadion war nicht ausverkauft, okay, aber die Nordkurve ist erstklassig, und viele Anhänger leiden wie Hunde – wie anderswo auch.

Nun zum zweiten Mal in Folge Relegation gegen den Zweitliga-Dritten, dieses Mal gegen Holstein Kiel. „Alles oder nichts“, wie Innenverteidiger Robin Knoche sagte. Konzentrieren, fokussieren, alles reinhauen, brummten sie in der Mixed Zone. Was soll man vor solchen Spielen auch sagen? „Wir dürfen von uns derzeit keine Wunderdinge erwarten“, sagte Maximilian Arnold, „aber wir haben gezeigt, dass wir in die Erste Liga gehören.“ Kann man so sehen, doch das reicht nicht. Man wird es jetzt noch zwei weitere Male beweisen müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.