Repression in Kambodscha: „Packt ein und haut ab“

Der langjährige Ministerpräsident Hun Sen geht massiv gegen seine Kritiker vor. Schon 15 oppositionelle Radiosender mussten den Betrieb einstellen.

Hun Sen umringt von Menschen

Hun Sen tätschelt einer Textilarbeiterin beim Besuch einer Wirtschaftszone bei Phnom Penh dem Kopf Foto: ap

BANGKOK taz | „Qualitätsjournalismus ist kein Verbrechen“ prangt in dicken Lettern auf dem Pop-up-Fenster der Webseite der Cambodia Daily. Der englischsprachigen Tageszeitung droht wegen unbotmäßiger Berichterstattung über Premierminister Hun Sen das Aus. Es sei denn, sie überweist dem Finanzminister angebliche Steuerschulden von 6,3 Millionen Dollar.

„Zahlt bis zum 4. September oder packt ein und haut ab“, ließ Hun Sen die amerikanischen Macher des Blatts wissen.

Im Juli 2018 stehen Parlamentswahlen an. Wie das überraschend gute Abschneiden der Opposition schon bei der Wahl 2013 und bei der jüngsten Kommunalwahl im Juni gezeigt hat, herrscht das Regime nicht mehr unangefochten.

Deshalb setzt Hun Sen zum „Todesstoß für die Demokratie“ an, wie die ASEAN Parlamentarier für Menschenrechte (APHR) ihren im März 2017 veröffentlichten Report über die zunehmend angespannte politische Situation in dem kleinen Königreich überschrieben hatte.

15 Radiostationen mussten ihren Betrieb einstellen

Seit dem 21. August mussten schon 15 unabhängige regierungskritische Radiosender den Betrieb einstellen. Das aus den USA finanzierte National Democratic Institute wurde verboten, seine ausländischen Mitarbeiter ausgewiesen.

Verboten wurde auch der „Situation Room“, eine von der EU unterstütze Koalition von Nichtregierungsorganisationen, die sich als unabhängige Wahlbeobachter einen Namen gemacht haben.

Die Opposition wird mit Hilfe einer willfährigen Justiz unterdrückt. In britischen und US-Medien wird Hun Sens Unterdrückung kritischer Medien und NGOs in erster Linie als Kampfansage an die USA gesehen. Man könnte auch von enttäuschter Liebe sprechen.

Hun Sen hatte sich während des US-Wahlkampfes als Fan von Donald Trump geoutet. Von dem versprach er sich vergeblich den Erlass von 500 Millionen US-Dollar Schulden. Die hatte der Putschgeneral Lon Nol Anfang der 1970er-Jahre aufgenommen.

China kauft sich Einfluss

Stattdessen hat sich China im vergangenen Jahr mit Milliarden Dollar Kambodscha als seinen neuen besten Freund gekauft. Beobachter sind sich einig: Der Einfluss der USA und EU in Kambodscha geht zurück, der Chinas steigt.

Regierungssprecher Phay Siphan wies das vor Kurzem als an den Kalten Krieg erinnernden „Versuch des Westens“ zurück, durch die „fabrizierten Narrative“ der Annäherung Kambodschas an China das Königreich als „geopolitisches Schlachtfeld“ zu nutzen.

Unverholen droht Hun Sen mit Gewalt, sollte das Volk ihn im Juli 2018 abwählen oder wie 2013 gegen Wahlmanipulation protestieren. Dafür hat er schon einen General als Gouverneur für Phnom Penh berufen, dessen Kernkompetenz die Niederschlagung von Protesten ist.

Die UN-Sonderbeauftragte für Kambodscha, Rhona Smith, sagte im August besorgt vor der Presse in Phnom Penh, sie habe bei ihrem Aufenthalt eine „Atmosphäre der Angst und Einschüchterung vorgefunden“. Cambodia Daily appelliert derweil an die Leser, sie mit Abonnements zu unterstützen.

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