„Revolutionäre 1. Mai“-Demo in Berlin: „Wir stellen keine Forderungen“

Was die Autonomen von der Bundesregierung wollen? Die bedingungslose Kapitulation – sagt Jonas Schiesser, Mitorganisator der Berliner Mai-Demo.

„Mein Eindruck war, dass der militante Ausdruck heftiger war als im Vorjahr." Bild: dpa

taz: Glückwunsch Herr Schiesser, Ihre „Revolutionäre 1. Mai“-Demo ist erstmals bis vors Brandenburger Tor gekommen. Aber was ist daran eigentlich der Erfolg?

Jonas Schiesser: Dass wir mit bis zu 20.000 Leuten bis in die Mitte der Stadt ziehen, ins Herz der Bestie, war von der Gegenseite vorher politisch nicht gewollt. Wir haben unsere Kritik trotzdem an den Ort gebracht, der exemplarisch für das neue deutsche Großmachtstreben steht, für Sozialschweinereien und Militarismus.

Welche Forderung stellt man denn als Autonomer an die Bundesregierung?

Die bedingungslose Kapitulation, wir stellen keine Forderungen. Wichtig war uns das Zeichen, raus aus der Kreuzberger Saufmeile zu kommen, rein ins politische Zentrum des deutschen Imperialismus. Und Ende Mai fahren wir dann nach Frankfurt/Main, um mit dem Blockupy-Protest auch das finanzielle Zentrum des Landes zu stürmen.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) feiert den Demozug als den friedlichsten seit Gedenken. Sind Sie auf dem Weg zur zweiten DGB-Demo?

Die Glückwünsche kann sich der Senator an den Hut stecken. Mein Eindruck war, dass der militante Ausdruck heftiger war als im Vorjahr, die Sparkasse jedenfalls hat mehr gelitten. Nur haben wir uns diesmal nicht auseinanderprügeln und spalten lassen, in gute griechische Gewerkschafter und böser schwarzer Block.

Anfang dreißig, heißt eigentlich anders. Der Autonome ist seit 1996 auf dem 1. Mai in Berlin dabei. Seit dem Jahr 2007 ist er Mitorganisator der „Revolutionären 1. Mai Demonstration“.

Trotzdem gab es diesmal nur Minirandale. Befindet sich die autonome Szene im Wandel?

Unsere Demo ist ja schon lange kein reine Autonomendemo mehr, sondern eine der radikalen Linken in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit. Gerade in der Krise rücken da die verschiedenen Akteure wieder näher zusammen, auch nichtradikale. Aber von den Bratwurstenfesten des DGB unterscheiden wir uns bei Weitem, allein schon in der Radikalität der Aussagen. Keine Sorge: Unsere Demo ist 1987 aus einem Kreuzberger Aufstand entstanden und dieses Erbe pflegen wir gerne weiter. Militante hat es hier immer gegeben und wird es immer geben. Eine reine Latschdemo wird das nie.

Und ab jetzt geht’s jedes Jahr vors Brandenburger Tor?

Wohin es nächstes Mal geht, entscheiden wir im Frühjahr 2014. Aber mir hat der Anblick von 20.000 Linken auf dem Protzboulevard Unter den Linden Lust auf mehr gemacht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.