Ritter Sport gegen Stiftung Warentest: Wenig Aroma, viel Image

Die Stiftung Warentest verliert im Streit gegen Ritter Sport. Die Tester konnten eine Behauptung nicht beweisen, nun scheint das Vertrauen angekratzt.

Mit natürlichen oder chemischen Aromastoffen – die Frage wurde nicht entschieden. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Schokoladenhersteller Ritter Sport hat den Machtkampf mit der Stiftung Warentest um die schlechte Bewertung seiner Nuss-Schokolade gewonnen. Stiftung Warentest darf weiterhin nicht behaupten, dass der vom Unternehmen verwendete Aromastoff Piperonal künstlich hergestellt wird, entschied das Oberlandesgericht München.

Ritters Nuss-Schokolade fiel bei einem Test von Schokoladen im vergangenen November durch. Grund dafür war der Aromastoff, der den Quadraten ein wenig Vanillegeschmack verleiht. Die Warentester hielten Ritter eine falsche Kennzeichnung des Stoffes vor. Auf den Verpackungen ist von ausschließlich natürlichen Aromastoffen die Rede. Doch in den benötigten Mengen sei Piperonal nur auf chemischen Wege herstellbar.

Das Unternehmen erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen diese Behauptung. Die Stiftung musste die entsprechenden Stellen in ihren Veröffentlichungen schwärzen und klagte dagegen. In den Verhandlungen ging es im Kern um die Frage, wer in diesem Falle die Beweislast tragen muss. Müssen die Tester beweisen, dass das Aroma mit chemischer Hilfe entsteht, oder muss Ritters Lieferant des Stoffes, der Aromenkonzern Symrise aus Holzminden, sein Herstellungsverfahren offenlegen?

Schon in der ersten Instanz zogen die Verbraucherschützer den Kürzeren. Auch die zweite Richterin machte deutlich, dass die Stiftung ohne Nachweis nur durch Schlussfolgerungen zu dem strittigen Ergebnis gekommen sei. Die hätte im redaktionellen Beitrag deutlich dargestellt werden müssen.

Die Streitfrage bleibt ungeklärt

Die Frage, woher das Aroma stammt, ist nicht geklärt wordem. Ist Chemie im Spiel oder wird das Piperonal direkt aus einer Pflanze gewonnen? Der weltweit agierende Hersteller versichert, dass der Stoff den Vorgaben der Aromenverordnung entsprechend als natürlich gekennzeichnet werden darf.

Piperonal kommt unter anderem in Dill oder Pfeffer vor, lässt sich aber mit einem chemischen Verfahren auch aus dem Sassafrasbaum gewinnen. Das könnte dazu führen, dass das Aroma nicht mehr die Anforderungen an die Verordnung erfüllt. Womöglich verfügt Symrise aber über ein biotechnisches Verfahren mit demselben Ergebnis. Dann darf das Wörtchen „natürlich“ auf dem Etikett stehen.

Für beide Seiten geht es vor allem um das Image. Ritter gilt als Mittelständler mit großem Umweltbewusstsein. Das Bild könnte durch eine Fehldeklaration Risse erhalten. Die Stiftung Warentest hat in ihrer 50-jährigen Geschichte nur in wenigen Fällen fehlerhaft gearbeitet.

Geschadet hat die Schoko-Affäre der vom Bund mitfinanzierten Einrichtung schon jetzt. Die Bewertungskriterien gerieten nach der Veröffentlichung des Schokotests in die Kritik, weil bei Ritters Tafeln schon ein von vielen als geringfügig angesehener Schwachpunkt zur Benotung „mangelhaft“ führte. Schlechte Testurteile führen bei den betroffenen Firmen häufig zu stark rückläufigen Verkaufszahlen. Manche Supermarktketten listen die Produkte nicht mehr. Das war im Fall Ritter anders.

Die Warentester wollen die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann über weitere Schritte entscheiden. „Auch Stiftung Warentest darf nicht willkürliche Behauptungen in die Welt setzen“, freute sich dagegen der Rechtsleiter des Unternehmens, Thomas Seeger.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.