Rom bewirbt sich um Olympia 2024: Letztlich soll der Papst es richten

Italiens Premierminister Matteo Renzi unterstützt seine Hauptstadt. Olympia-Kritiker verweisen auf Korruption und unseriöse Kostenschätzungen.

Schon 1960 war Rom Olympiastadt. Hier posieren die Finalisten im Hürdenlauf Bild: imago/ZUMA Press/Keystone

Die passenden Symbole hat Roma 2024 bereits. Das Vorbereitungskomitee wird seinen Sitz im Foro Italico, einst Foro Mussolini, aufschlagen. Dort strahlen in Stein gehauene Athleten ein Heldenpathos aus, wie man es auch heutzutage noch aus Sportinszenierungen kennt.

Doch das ist nur die eine Seite, wie Olympia in der italienischen Hauptstadt symbolisch verhandelt wird. Dem gegenüber stehen die fünf Handschellen, die eine Anti-Olympia-Initiative in Form der IOC-Ringe als ihr Logo auserkoren hat. Die Handschellen spielen auf die notorische Korruptheit römischer Kommunalpolitiker und Verwaltungsangestellter an. Kaum ein Großprojekt, das nicht von Bestechungsvorwürfen begleitet war. Schlagzeilen machte 2014 „Mafia Capitale“: Neben einer Bande von mafiaseitig vernetzten Drogen- und Waffendealern, deren Biografien sie teils als linke, teils als rechte Terroristen auswiesen, wurden auch Schlüsselfiguren städtischer Betriebe festgenommen.

Auch außerhalb Roms wird die Korruption als größtes Hindernis einer Olympiabewerbung eingeschätzt. „Olympia in Rom ist völlig verrückt. Da laufen noch die Ermittlungen von ’Mafia Capitale‘. Wollen wir denen jetzt die Spiele schenken?“, empörte sich der Lega-Nord-Vertreter Matteo Salvini. Die rechtspopulistische Lega ist freilich beleidigt, weil sie ihrer Heimbasis Mailand nach der Expo 2015 – auch hier übrigens zahlreiche Verhaftungen wegen Korruption und Mafianähe – gern selbst die Olympiakandidatur zugeschanzt hätte.

Rom hat sich aber italienintern durchgesetzt. Starker Mann hinter der Rom-Kampagne ist Premierminister Matteo Renzi. IOC-Präsident Thomas Bach lobte denn auch Renzis „leidenschaftlichen und kompetenten Einsatz für die olympische Sache“.

Eine „Low-Cost-Kampagne“ von nur 10 Milliarden Euro

Intern wird die Bewerbung mit den üblichen Argumenten beworben: Infrastrukturverbesserungen, Jobs und allgemeiner Aufschwung. Hinzu kommt noch das Versprechen einer „Low-Cost-Kampagne“. Daran glauben mag kaum jemand. Laut Gazzetta dello Sport soll das geplante Budget der letztlich gestoppten Bewerbung für die Spiele 2020 von etwa 9,7 Milliarden Euro nicht überschritten werden.

Andererseits gehen die Fantasiezahlen über die positiven Effekte bereits über die versprochenen Kennziffern des 2020er-Projekts hinaus. Von 26.000 festen Jobs und etwa 1,2 Prozent des Bruttosozialprodukts im intensivsten Baujahr war damals die Rede. Für 2024 versprach Italiens oberster Sportfunktionär, NOK-Chef Giovanni Malagò, aber schon 29.000 neue Stellen und einen Bruttosozialproduktanteil von 1,5 bis 2 Prozent – magische Effektvermehrung.

Was bei Roms Großsportbauten so alles schiefgehen kann, kann man auf dem Wege zum neben Rom und Florenz dritten geplanten Olympiastandort Neapel begutachten. An der Römer Autobahnausfahrt Tor Vergata erheben sich einige Rudimente des eleganten, vom Stararchitekten Santiago Calatrava in Segelform designten Sportkomplexes in den Himmel.

Das Schwimmstadion war nicht rechtzeitig fertig – und zehnmal so teuer

Das geplante Schwimmstadion sollte bereits 2009 zur Schwimm-WM fertig sein. Hat nicht geklappt. Michael Phelps und Paul Biedermann duellierten sich in einem temporären Becken neben den Heldengestalten des Foro Italico. Die Baukosten in Tor Vergata explodierten dennoch von 60 auf 600 Millionen Euro. Nutzungsvorschläge der Bauruine schwanken zwischen Hightech-Gewächshaus für die Universität nebenan, riesigem Konzertareal und dem radikalen Ansinnen des Verbraucherschutzverbandes Codacons, der zum „Schutz von Landschaft und Gesellschaft“ den Komplettabriss fordert.

Wegen dieses doch sehr skeptischen Umfelds ist nun sogar schon die Rede von Unterstützung, die von ganz oben kommen soll: Lokale Medien kolportieren aufgeregt, bei Papst Franziskus handele es sich um einen Fan der Bewerbung, einmal wurde er gar als „Ass im Ärmel“ der Olympiakampagne bezeichnet. Als Beleg wird angeführt, dass er begeisterter Unterstützer einer vatikaneigenen Krickettruppe sei. Franziskus selbst hat sich nicht geäußert, aber ein Berater des Papstes wird mit dem Satz zitiert: „Die Kirche hat den Sport immer als ein Transportmittel der richtigen Werte unterstützt.“

Wie Rom die Spiele bekommen könnte, dazu hat NOK-Chef Malagò schon eine konkrete Idee: „Weltweit unterwegs sein, um die IOC-Mitglieder zu überzeugen.“ Seine Begründung: „Die Geschichte lehrt, dass die besten Konzepte sich ganz selten durchsetzen.“

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