Rot-Schwarz erhöht Sozialleistungen: Warme Worte für Arbeitslose

Der Senat erhöht die Richtwerte für Miet- und Heizzuschüsse von Hartz-IV-Empfängern zum 1. Mai. Der Mieterverein zeigt sich damit unzufrieden und hält die Entscheidung für "nicht verfassungskonform".

"Miete mich" fordert diese leere Mietwohnung in Lichtenberg. Bild: dpa

Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger erhalten ab 1. Mai leicht erhöhte Miet- und Heizzuschüsse. Diese sollen zudem jährlich den steigenden Miet- und Energiekosten angepasst werden. Darauf hat sich am Dienstag der rot-schwarze Senat geeinigt. Vorangegangen war ein jahrelanger Streit zwischen den früheren Regierungsparteien SPD und Linke. Ein Urteil des Bundessozialgerichts hatte das Land genötigt, die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft und der Heizung neu zu regeln. Der Mieterverein begrüßte zwar die Erhöhung, hält sie aber nicht für ausreichend und für „nicht verfassungskonform“.

Laut Sozialsenator Mario Czaja (CDU) orientiert sich die neue Rechtsverordnung an den Vorgaben des Gerichts. Demnach gibt es einheitliche Richtwerte für ganz Berlin. Zudem gilt als Basis die sogenannte „einfache Wohnlage“. Drittens sind die Richtwerte an den Mietspiegel und den bundesweiten Heizkostenspiegel gekoppelt. Bisherige Härtefallregelungen sollen erhalten bleiben.

Für einen Alleinstehenden, dem bislang eine Bruttowarmmiete von 378 Euro zugebilligt wurde, gilt nun ein Wert von 394 Euro. Bei einem 4-Personen-Haushalt – in der Hartz-IV-Sprachregelung „Bedarfsgemeinschaft“ – steigt der Wert von 619 auf 665 Euro. Laut Czaja profitieren rund 25.000 der berlinweit rund 330.000 Bedarfsgemeinschaften von den höheren Zuschüssen. Dass der Senat das zwischen SPD und Linkspartei so umstrittene Thema nur vier Monate nach Amtsantritt abräumte, begründete Czaja mit besserer Zusammenarbeit der beteiligten Senatsverwaltungen – sprich: ihm und dem parteilosen Finanzsenator Ulrich Nußbaum.

Die leichte Erhöhung soll das Land elf Millionen Euro zusätzlich kosten. Die müssen dem Sozialsenator zufolge nicht an anderer Stelle im Landeshaushalt zusammengespart werden, der am 14. Juni beschlossen werden soll. Laut Czaja hat sein Kollege Nußbaum dafür bereits in seiner Planung einen „Sicherheitskorridor“ eingebaut. Nach Angaben des Sozialsenators gibt das Land jährlich rund 1,4 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft aus. Ein Drittel davon kommt aus der Bundeskasse.

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus begrüßte, dass überhaupt eine Rechtsverordnung vorliegt. Die Verantwortung für den jahrelangen Streit schob sie ihrem früheren Regierungspartner zu: „Eine rechtssichere Lösung und Orientierung am Mietspiegel war unter Rot-Rot durch die SPD bis zuletzt verhindert worden“, sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Uwe Doering. Richtwerte und Realität würden aber deutlich auseinanderklaffen: Der Senat berücksichtige nur Wohnungen in einfacher Wohnlage, die es gar nicht in ausreichendem Maße gebe. Die Linksfraktion fordert, auch die mittlere Wohnlage einzubeziehen.

Die Grünen-Fraktion hatte die Rechtsverordnung erst für Mai oder Juni erwartet und zeigte sich überrascht. „Wir sind noch mitten in der Diskussion“, sagte ihr sozialpolitischer Sprecher Martin Beck der taz. Die Zahlen müsse man noch prüfen. „Wir freuen uns aber erst mal, dass Rechtssicherheit herrschen soll.“

Der Mieterverein rechnete vor, dass die zuvor seit 2005 nur einmal und nur für Einpersonenhaushalte erhöhten Richtwerte nun zwar zwischen fünf und sieben Prozent steigen würden. Die Bestandsmieten jedoch hätten sich in diesem Zeitraum um 17 Prozent erhöht, in Altbauten um 20 Prozent. Öl und Gas seien um 75 beziehungsweise 50 Prozent teurer geworden. Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild hält daher eine Erhöhung um 15 bis 20 Prozent für angemessen. Dem verfassungsrechtlichen Anspruch eines menschenwürdigem Existenzminimums werde der Senat nicht gerecht. Wild: „Das ist nicht gewährt, wenn zu den Richtwerten nicht hinreichend Wohnraum verfügbar ist.“

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