Rugby-WM-Finale in London: Maden, die im Weg stehen

Am Samstag treffen die neuseeländischen All Blacks auf die australischen Wallabies. Die Voraussetzungen für ein großes WM-Finale sind gegeben.

Zwei Rugby-Spieler

Harte Konkurrenz: Neuseeland und Australien verbindet eine innige Rivalität. Foto: reuters

Robbie Williams landete diesen Mittwoch in Neuseelands Hauptstadt Wellington, der Star aus England gibt zwei gigantische Konzerte im Land mit den vielen Schafen. Williams’ Ankunft wäre an sich nur etwas für Klatschreporter, in Neuseeland wurde aber eine große Sache daraus, weil Williams ein Trikot der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft trug.

Flugs deutete die neuseeländische Presse dies als weiteren Beweis dafür, dass die „All Blacks“, so der Spitzname der heimischen Rugby-Auswahl, das WM-Finale diesen Samstag (17 Uhr, Eurosport) in London gegen den Erzrivalen Australien auf eine Weise schon gewonnen haben: „Die All Blacks haben die besten Celebrity-Fans“, jubelte beispielsweise der New Zealand Herald.

Aber das ist Quatsch. Den prominentesten Fan aller 20 Teams, die in den letzten sechs Wochen bei dieser WM um den Sieg getackelt, gekickt und gekämpft haben, wissen die Argentinier hinter sich, die an diesem Freitag (21 Uhr, Eurosport) im Londoner Olympiastadion gegen Südafrika um den dritten Platz rangeln: Argentiniens Fußballgott Diego Armando Maradona fieberte in den Logen mit den Rugbyhelden seiner Heimat wie ein Ultra-Capo im Fußball.

Eine Woche kann sehr lang sein, besonders wenn sie auf ein sportliches Großereignis zuläuft. Da werden schon einmal unsinnige Ranglisten aufgestellt. Ein WM-Finale im Rugby an sich ist Ereignis genug, über 80.000 Zuschauer werden im Twickenham Stadium sein und viele Millionen vor den TV-Geräten – dieses Turnier ist schließlich nach der Fußball-WM und den Olympischen Sommerspielen das drittgrößte Sportgedöns dieses Planeten.

Die Rugby-WM ist das drittgrößte Sportgedöns dieses Planeten. Wenn Neuseeland auf Australien trifft, ist es aber viel mehr

Aber in dieser Konstellation zwischen Australien und Neuseeland ist dieses WM-Finale viel mehr. Wieder einmal ist ein WM-Finale ein Test für die Beziehungen zwischen den beiden pazifischen Nachbarn. Der große Bruder vom riesigen Kontinent Australien gegen den kleinen Bruder von den zwei Inseln: Das Verhältnis ist nicht immer freundschaftlich.

Zurück geht die herzliche Abneigung im Sport vor allem auf ein Cricketspiel im Jahr 1981. Vom „Cricket-Krieg“ schrieben Zeitungen damals. Weil am Ende des seltsamen Spiels der australische Werfer – zwar legal, aber ziemlich unsportlich – mit einer bestimmten Wurftechnik den Neuseeländern die Chance genommen hatte, auszugleichen, kam es anschließend zu Faustkämpfen zwischen den Fans – und zu diplomatischen Verwicklungen. „Einen Akt der Feigheit“ nannte der damalige neuseeländische Ministerpräsident das Verhalten der Cricket-Cracks aus dem Nachbarland. Die Lage konnte erst wieder entschärft werden, als der australische Premier die Aktion „einen großen Fehler“ nannte. Seither werden die sportlichen Aufeinandertreffen beider Länder immer wieder mit zum Teil hässlichen Sticheleien begleitet.

In dieser Woche zeigte der Sidney Daily Telegraph den neuseeländischen Rugbykapitän Richie McCaw auf einem ganzseitigen Bild als „Made, die unseren Wallabies im Weg“ stehe. „Wallabies“ ist der Spitzname der Australier. Die australischen Spieler und ihr Trainer weigern sich aber, das Wort „All Blacks“ auszusprechen. Auch auf den offiziellen Seiten der australischen Rugby Union wird der Markenname für Neuseelands Rugbyhelden ignoriert. Dafür gibt es viel Hohn, auch von Landsleuten. Einer schrieb: „Nennt sie All Blacks! Wen interessiert’s! Zeigt keine Angst!“

Beide Teams können am Samstag zum dritten Mal den Titel gewinnen, die WM wird seit 1987 alle vier Jahre ausgetragen. Die Neuseeländer gelten als leichter Favorit, die Mannschaft von Trainer Steve Hansen als die vielleicht beste All-Blacks-Auswahl aller Zeiten. Nicht ablenken lassen wollen sich die All Blacks vom Ende der Karrieren drei ihrer besten Spieler: Kapitän Richie McCaw, Hakler Keven Mealamu und Verbindungshalb Dan Carter hören nach dem WM-Finale auf.

Während sich die Teams aus Europa in der Gruppenphase verausgabten, viele Verletzte zu beklagen hatten und entsprechend auch das Viertelfinale nicht überstanden, taten die All Blacks zu Beginn des Turniers nur das Nötigste, überrannten dann Frankreich und gewannen im Halbfinale schließlich knapp und dreckig gegen Südafrika. Die Australier gelten als wilder und weniger berechnend, eine ihrer Stärken ist die Defensive.

Titelverteidiger Neuseeland gewann noch nie einen WM-Titel außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Australien gewann 2013 die Rugby-League-WM im Finale jeweils gegen Neuseeland. Damals, im 13er-Rugby, übrigens auch in England. Ob das am Samstag ein gutes Omen für Australiens 15er-Rugby-Team sein wird? Man sollte mal Robbie Willams fragen.

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